The Black Rider Kritiken WILHELMSHAVENER ZEITUNG vom 9. Oktober 2000 "Black Rider" mit Satire-Turbo Von Norbert Czyz Vielleicht haftete der Inszenierung des Musicals "The Black Rider" in der Rosenhügel-Version ungewollt der naturalistische Touch von Freilichttheater an, gleichwohl auch dort im Sommer im Zelt Regisseur Philipp Kochheim und Bühnenbildnerin Katja Schindowski solche Assoziationen mit allen Mitteln zu vermeiden suchten. Doch jetzt, wo das Musical von Wilson/Waits und Burrouhgs auf der Bühne des Stadttheaters jeglicher natürlicher Wald- und Jäger-Romantik ledig ist, tritt die satirische Schärfe, mit der Kochheim sich in seiner Inszenierung über das Genre Musical und den Teufelsglauben, über Revierbegriff und Showdown lustig macht, noch deutlicher zu Tage. Vor allem nach der Pause setzt er den Satire-Turbo ein. Die Fixierung auf die Guckkastenbühne und die besseren Beleuchtungsmöglichkeiten im Theater tun ein übriges, die Konturen der Inszenierung hervorzuheben. Zu 98 Prozent basiert die Bühnenfassung des Musicals, die nun auch im Spielgebiet
gezeigt werden kann, auf der "Rosenhügel"-Inszenierung. Es ist aber auch spürbar, dass zwischenzeitlich an einigen Details gefeilt wurde. Kochheim arbeitet oft mit dem Stilmittel der Überzeichnung. So zum Beispiel auch, wenn er den Robert mit Fernglas durch die Zuschauerreihen schleichen lässt. Es ist aber nicht so, dass Kochheim schon das Ende der Fahnenstange dessen erreicht hat, was hier an Grobheiten möglich wäre. Das gilt auch für die Szene "Es ist wie . . .", in der Käthchen und Robert pseudoromantisch von ihrem ersten gemeinsamen Liebeserlebnis berichten. Markanter als am Rosenhügel tritt jetzt auch der ernste Kern des Musicals zu Tage. Teuflisch ist für Kochheim jegliche Suchtabhängigkeit, ob vom Kräuterschnaps Marke "Jägermeister", von der Nadel oder von 0190-er Telefonnumxnern. Und dass die größten Teufel in der Landesbühnenfassung des "Black Rider" im Orchester sitzen, bemerkten wir letztens schon. So sehr die Überspitzung als satirisches Prinzip überzeugt, an einer Stelle ist sie
sehr irritierend. Das Timbre des Pegleg (Marco Stickel) von Beginn an so sehr ins Rohe zu verzerren, damit es zum Schluss Wilhelm leichter hat, seine Schizophrenie kenntlich zu machen, beraubt die Inszenierung einer notwendigen ästhetischen Dimension. Es hätte auch noch anders möglich sein müssen, Wilhelms (Olive Schirmer) Teufelsbesessenheit zu verdeutlichen als ihn im Schlusslied zwischen Peglegs unkultivierter und seiner kultuvierten Stimmlage oszillieren zu lassen. Die Rolle des Pegleg verlor hier mehr als der Wilhelm dadurch gewonnen hat. Wiederum eine Glanzleistung bot Verena Held in der Rolle des Käthchens. Aber auch Oliver Schirmer und Michel Haebler als Robert müssen hervorgehoben werden. Holger Teßmann (Bertram), Sibylle Hellmann (Anne) und Stefan Ostertag (Kuno) hatten gleichfalls beträchtlichen Anteil am Gelingen der Aufführung; und auch die Statisterie mit Nicole Heinrichs, Gunda Randig, Inga Scheibel, Marc und Andre Gelhart sowie Gerrit Frers gab sich bühnentauglich. JEVERSCHES WOCHENBLATT vom 9. Oktober 2000 Auf Tuchfühlung mit "The Black Rider" VON ERNST RICHTER Wilhelmshaven. Im Stadttheater öffnete sich am Sonnabend der Bühnenvorhang zu dem Musical "The Black Rider" von Robert Wilson, Tom Waits und William S. Burroughs in der Regie von Philipp Kochheim. Das Musical feierte am 15. Juli Premiere als Sommertheater im Zeltbau am Rosenhügel und präsentiert sich nun mit der Bühnenfassung im Stadttheater. Es hat am Rosenhügel bereits vielen Wilhelmshavener Theaterfreunden zwei unterhaltsame Stunden geboten, so dass es nicht verwundern darf, dass die Premiere der Bühnenfassung nicht vor ausverkauftem Haus stattfand. Doch - und das ist das Resümee dieser identischen Nachpremiere: Die Bühnenfassung wirkt dichter, kommt näher zum Publikum, die Songs sind unmittelbarer und die Orchesterwirkung packend und mitreißender. Das Ensemble bildet ein eingespieltes Team, das präzis die gesanglichen Einsätze bringt: Für den klagenden "November"-Song bekommt Oliver Schirmer als Wilhelm Beifall auf offener Szene. Und Marco Stickel fasziniert als Pegleg mit Stimme und Gebärden, so in den Songs vom Teufelspakt und "The last rose of summer". Verena Held gefällt als Käthchen, man hört, sie hat Gesangsunterricht gehabt und schließt es nicht aus, einmal an die Oper zu gehen. Hier singt sie mit ihrem Wilhelm im Duett "The briar and the rose". Nicht zu vergessen die Darstellung der Charakterrolle mit Holger Teßmanns als Bertram und Stefan Ostertag als Kuno. Mutter Anne wird von Sibylle Hellmann und Robert von Michel Haebler gestaltet. Die musikalische Leitung hat Udo Becker, der auch die Arrangements lieferte. Sechs Solisten (Udo Becker, Mihai Filip, Henning Netzold, Ralf Quermann, Karl-Heinz Snelting und Siggi Zufacher) machen das Musical perfekt. Das Bühnenbild von Philipp Kochheim und Katja Schindowski gleicht mit der Black Box im Blickpunkt dem der Sommertheater-Aufführung. Die Kostüme hat Pia Wessels entworfen. Das Publikum bewies mit Freude viel Ausdauer beim Schlussbeifall. Es lohnt sich, die Bühnenfassung nach dem Sommertheater nochmals anzuschauen: Die Zuschauer kommen mit dem "Black Rider" auf Tuchfühlung. |