Ünner'n Beerboom Inhalt Kritiken WILHELMSHAVENER ZEITUNG vom 7. März 2005 Sozialdrama zwischen WILHELMSHAVEN - Der Ehrgeiz, nicht nur Schenkelklopfer, sondern gelegentlich auch großes Theater machen zu wollen, ehrt das „Theater am Meer" - Niederdeutsche Bühne Wilhelmshaven. Vor einiger Zeit hieß das Stück „Misery", womit die Niederdeutsche einen Ausflug in die Oberstube der Literatur wagte. Nun stammte die Vorlage sogar von Fontane, dessen Roman „Unterm Birnbaum" sie in der szenischen Fassung von Hans Peter Renz mit dem ins Niederdeutsche transponierten Titel „Ünner'n Beerboom" am Sonnabend im Stadttheater zur Uraufführung brachte. Regie führte Armin Tacke Unter dem Birnbaum liegt schon eine ältere Leiche Ernstes Thema und unfreiwillige Komik passen nicht zueinander Das ernste Thema, „Klare" und Wein bis zum Abwinken, ein leichtfertiges Dienstmädchen (Claudia Schröder), eine Tratschtante, die aus dem Ohnsorgtheater entsprungen scheint (Frau Jeschke alias Roswitha Wunderlich), die Karikatur eines Justizrates (Thorsten Könnecke) und die unfreiwillige Komik, die die Geistererscheinung des Ermordeten Schulzki (Nicolas C. Duccy) erzeugt, sind Zutaten, die sich miteinander nicht vertragen. Zu denen kamen immer mehr verkrampfte Pointen hinzu, die den Gedanken der höheren Gerechtigkeit, der Hradschek eigentlich zum Opfer fällt, zukleisterten. Die Bemühungen der Schauspieler, dem Publikum in der plüschstühlemen Landgasthofsstube (Bühnenbild: Christa Düx) einen unterhaltsamen Abend zu bieten, sind aller Ehren wert. Nimmt man den Applaus als Gradmesser, dann hat das Publikum genau dies bei der Schlussverbeugung der Akteure zum Ausdruck bringen wollen. In weiteren Rollen agierten Horst Karstens als trinkfester Bauer Kunicke, Walter Bleckwedel als Scherenschleifer Henke, Christian Strowik als ängstlicher Ladenjunge, Andre' Gelhart als draufgängerischer Wandergeselle, Günter Boye als Amtsrat, Marc Gelhart als Dorfgendarm und Ingo Folkers als Totengräber. JEVERSCHES WOCHENBLATT vom 7. März 2005 Theodor Fontane spricht auch plattdeutsch WILHELMSHAVEN - Der Dichter Theodor Fontane wurde 1819 als Apotheker-Sohn in Neuruppin geboren und starb 1898 in Berlin. Er hinterließ ein vielfältiges literarisches Schaffen unter anderem Romane wie „Effi Briest" und „Der Stechlin". Seine Novelle „Unterm Birnbaum" ist von Hans Peter Renz jetzt zu einem niederdeutschen Kriminalstück umgearbeitet worden. Regisseur Armin Tacke hat es für das „Theater am Meer - Niederdeutsche Bühne Wilhelmshaven" in Szene gesetzt. Die Welturaufführung ging am Sonnabend im Stadttheater über die Bühne. Die Handlung des Stücks „Ünner'n Beerboom" spielt in dem kleinen Oderbruchdorf Tschechin, wo Abel und Ursel Hradscheck einen Gemischtwarenladen mit Schankstube betreiben. Er ist wegen seiner fatalen Spielleidenschaft und Trinkfreude total verschuldet, und sie gefällt sich als vornehme Frau, die nichts mehr als die Armut fürchtet. In der Schankstube liest Ursel (Marion Zomerland) ihrem Mann Abel (Arnold Preuß) eindringlich die Leviten. In der Schankstube wird es lebendig, der Scherenschleifer Henke (Walter Bleckwedel), Bauer Kunicke (Horst Karstens) und Hodde, der Zimmermann auf der Walz (Andre Gelhart), kehren ein. Und zu allem Unglück erscheint Schulzki (Nicolas C. Ducci), ein polnischer Geschäftsvertreter, der für seine Firma abkassieren soll. Es wird kräftig zugeprostet. Dazwischen wirbelt die Hausangestellte Male (Claudia Schröder) keck und graziös durch die Szene, macht dem Zimmermann Avancen und tischt den Gästen auf. Der Laufjunge Ede (Christian Strowik) soll aus dem Keller Flaschen holen. Er sträubt sich, ist abergläubisch. Der Pole Schulzki hat schon mächtig einen in der Krone und steigt selbst in den Keller. Es gruselt ihn leicht, da möcht er nicht begraben sein. Nach dem dritten Akt ist Pause. Es ist zwiespältig, Fontanes bildreiche Sprache aus dem 19. Jahrhundert plattdeutsch zu aktualisieren und gleichzeitig Längen zu vermeiden. Das Theaterpublikum hat viel Konversation gehört und wenig Aktion gesehen. Ein Zeitraffer wäre angebracht. Zum Teil wurde recht leise geredet, so dass die Zuschauer der hinteren Reihen Mühe hatten, die Dialoge zu verfolgen. Dann kommt mit dem Erscheinen des Amtsrats (Günter Boje), des Justizrats Vohwinkel (Thorsten Könneche) und des Dorfgendarms Geelhaar (Marc Gelhart) Spannung auf. Bei der Vernehmung über die ungeklärte Unfallursache des polnischen Vertreters nach dessen Abreise bietet als Nachbarin die alte Jeschke (Roswitha Wunderlich) eine großartige Charakterpartie, die vom Publikum mit Beifall auf offener Bühne bedacht wird. Verzwickt entwickelt sich die Lösung des Kriminalfalls, an dem auchTotengräber Wonnekamp (Ingo Folkers) mitwirkt. Ein paar Fragen bleiben offen. Die Niederdeutsche Bühne Wilhelmshaven präsentiert sich zu dieser Uraufführung mit ihrem Ensemble, das über drei Generationen von 18 bis 80 Spielfreude beweist. Besonders ins Blickfeld rückten Roswitha Wunderlich als Jeschke, Nicolas C. Ducci als Schulzki sowie Marion Zomerland als Ursel und Arnold Preuß als Abel Hradscheck. Das Bühnenbild von Christa Düx und Armin Tacke bietet den passenden Spielrahmen. NORD-WEST-ZEITUNG vom 7. März 2005 Krimi-Posse mit WILHELMSHAVEN - Der Ehrgeiz, nicht nur Schenkelklopfer, sondern gelegentlich auch großes Theater machen zu wollen, ehrt das „Theater am Meer". Vor einiger Zeit hieß das Stück „Misery", womit die Niederdeutsche Bühne am Stadttheater in Wilhelmshaven einen Ausflug in die Oberstube der Literatur wagte. Nun stammte die Vorlage sogar von Fontane, dessen Roman „Unterm Birnbaum" sie in der szenischen Fassung von Hans Peter Renz mit dem ins Niederdeutsche transponierten Titel „ Unner'n Beerboom" nun zur Uraufführung brachte. Regie führte Armin Tacke. Fontanes Roman um den selbstverschuldet verschuldeten Schankwirt und Krämer Abel Hradschek (Arnold Preuß) ist eher ein Sozialdrama als eine Kriminalerzählung. Der Plot ist mit wenigen Worten erzählt: Dem labilen Hradschek gelingt es, seine Frau (Marion Zomerland), die nichts mehr fürchtet als den sozialen Abstieg, für ein Mordkomplott an einem polnischen Gläubiger zu gewinnen. Die Tatsache, dass unter dem Birnbaum der Hradscheks bereits eine ältere Leiche begraben liegt, hilft dem Ehepaar, den Mord über längere Zeit zu vertuschen. Doch Hradscheks Frau ist der Situation nervlich nicht gewachsen. Sie verfällt dem religiösen Wahn und stirbt. Weil aber der Verdacht auf Mord in der Dorfbevölkerung nie verstummt, will Hradschek (so bei Fontane) die Leiche, die im Keller vergraben ist, endgültig „Unterm Birnbaum" entsorgen. Dabei tappt er in die eigene Falle und wird, tot neben dem Mordopfer liegend, entdeckt. In der vorliegenden Fassung von Renz endet das Stück anders: Hradschek wird eines Mordes überführt, den er gar nicht begangen hat. Mehrere Fehleinschätzungen verhindern einen großen Erfolg der Bearbeitung. Autor Renz bleibt im Eröffnungsdialog der Hradscheks zu lange monologhaft und an Fontanes geschwollener Schriftsprache kleben. Hradschek und seine Frau begegnen sich wie steife Puppen und nicht wie Menschen aus Fleisch und Blut. Während sich Autor Renz in der Einleitung an der Dramatik eines Strindberg und Ibsen orientiert, gleitet die Angelegenheit unter Tackes Regie zunehmend in die Posse ab. Das ernste Thema, „Klare" und Wein bis zum Abwinken, ein leichtfertiges Dienstmädchen (Claudia Schröder), eine Tratschtante, die aus dem Ohnsorgtheater entsprungen scheint (Frau Jeschke alias Roswitha Wunderlich), die Karikatur eines Justizrates (Thorsten Könnecke) und die unfreiwillige Komik, die die Geistererscheinung des Ermordeten Schulzki (Nicolas C. Duccy) erzeugt, sind Zutaten, die sich miteinander nicht vertragen. Zu denen kamen immer mehr verkrampfte Pointen, die den Gedanken der höheren Gerechtigkeit, der Hradschek eigentlich zum Opfer fällt, zukleisterten. Die Bemühungen der Schauspieler, dem Publikum in der plüschstählernen Landgasthofsstube (Bühnenbild: Christa Düx) einen unterhaltsamen Abend zu bieten, sind aller Ehren wert. Nimmt man den Applaus als Gradmesser, dann hat das Publikum genau dies bei der Schlussverbeugung der Akteure zum Ausdruck bringen wollen. Karten: 04421/9 40 10 zurück |