Lütte witte Siedenschoh

Komödie von Ingo Sax

Regie: Bigge Lünemann
Premiere: 26.09.98

Benno Roggenkamp,
Bauer - Klaus Aden
Fiete Roggenkamp,
sein Sohn - Marc Gelhart
Lisa,
Haushälterin bei Roggenkamps - Heidi Rausch
Trina,
Fietes Verlobte - Elke Theesfeld


Kritiken

WILHELMSHAVENER ZEITUNG vom 28. September 1998

Niederdeutsche Bühne mit einem erfrischenden Saisonauftakt

Erste Premiere im Stadttheater:
„Lütte witte Siedenschoh"


Von Doris Wilkens

Konflikte entstehen, weil der dickköpfige Bauer Benno Roggenkamp (dargestellt von Klaus Aden) sich in ein Mädel verguckt, das bereits seinem Sohn (Marc Gelhart) versprochen ist.

Im Wilhelmshavener Stadttheater hatte am Sonnabend abend „Lütte witte Siedenschoh" Premiere. Autor Ingo Sax stellt in der heiteren Komödie zwei Generationen einander gegenüber. Den stets unzufriedenen und herrischen Vater Benno und seinen eingeschüchterten Sohn Fiete. Weiter treten die resulute Haushälterin Lisa (Heidi Rausch) und das junge Mädchen Trine (Elke Theesfeld) auf.

Die Hamburger Deern Katharina, heimlich Verlobte Fietes, erscheint unerwartet auf dem Hof. Fietes Vater aber lehnt normalerweise Mädchen aus der Stadt als zickig und verwöhnt ab. Da sorgt die Haushälterin Lisa mit List und Tücke dafür, daß Trina als spätere Schwiegertochter ihre Tüchtigkeit beweisen kann und für sie die Vertretung im Haushalt übernimmt.

Mit der Wirkung dieses an sich schlauen Planes hatten die Frauen jedoch nicht gerechnet. Das Mädchen aus der Stadt macht bei der täglichen Arbeit im Haus und Stall einen hervorragenden Eindruck. Ihre frische freundliche Art ist es, die den Alt-Bauern mehr als nötig anspricht. Er ist vernarrt in sie und nennt sie mit singender Stimme "Katharina" statt Trina.

Für die holzschuhgewohnten Füße kauft er ein paar Lackschuhe - da zu groß, tauscht er sie um in witte Siedenschoh Nr. 38, vorausgedacht als Brautschuhe - und sagt süßholzraspelnd:

„En Deern mit Lackschoh heb ik noch nie nich um mi sehn, man blos Froolüe mit Holtklumpen."

Das bringt Trina in große Verlegenheit. Fiete, ihr Verlobter, ist ein „Bangbüx". Er kann die traute Zweisamkeit von Vater und Freundin nicht verhindern, hat aber auch immer noch nicht den Mut, für Klarheit zu sorgen.

Überraschend kommt Lisa von ihrer Reise zurück und ahnt Fürchterliches, als sie das vertrauliche Getue sieht. Sie selbst hatte sich bereits Chancen auf eine Ehe mit Benno ausgerechnet.

Zusammen mit dem jungen Liebespaar gelingt es, dem balzenden Alten jeden Gedanken an die Ehe mit Trina zu vermiesen. Benno sieht sich plötzlich überfordert und meint: „Mit mi sünd de Peer dörgohn!" Fiete soll ihm aus der Bedrouille helfen; ja, er fordert seinen Sohn auf, Trine zu heiraten.

„Ik heff se fasthollen wullt äs Swegerdochder, dorüm de Lackschoh. Trina paßt to us un nich een Deern ut de Stadt."

Fietes Gelegenheit zur Beichte ist gekommen. Der Herr des Hauses läßt sich davon überzeugen, daß Triana die „Richtige" ist. Nun darf sie „Vater" zu ihm sagen und die weißen seidenen Brautschuhe in Ehren annehmen.

Ehe die Aufgebote zur Doppelhochzeit bestellt werden, meint die clevere Hushollersch: „Wi heiroden, denn denkt de Manslüe, se sünd de Herren un wi köönt denn maaken, wat wi willt."

Das Quartett bot dem Premierenpublikum eine überzeugende Gesamtleistung. Viel gelacht wurde über gelungene Dialoge. Es gab besonderen Szenenbeifall für Heidi Rausch, die auch hier ihre bekannte sichere Spielweise zeigte.

Erfrischend und charmant der Auftritt von Elke Theesfeld. Nicht unerwähnt bleiben sollte die gute Leistung des Marc Gelhart bei seinem ersten Bühnenauftritt, welchen er in einer tragenden Rolle mit Bravour bewältigte. Der kleine „Hänger", der auch mit Hilfe der Souffleuse nicht aufgefangen werden konnte, wurde mit viel Beifall der Zuschauer verziehen, bis der rettende Vorhang fiel.

Routiniert verkörpert Klaus Aden den Alt-Bauern; überzeugend die Darstellung der sich wandelnden Gefühle. Die Zuschauer brachten ihren Dank mit starkem Beifall zum Ausdruck für einen amüsanten Theaterabend.

Den weiteren Aufführungen ist ein volles Haus zu wünschen! Gespielt wird wieder am Sonntag, 4. Okt. um 15.30 Uhr und 20.00 Uhr.


JEVERSCHES WOCHENBLATT vom 29. September 1998

Die Darsteller erhielten Applaus auf offener Szene

Niederdeutsche Bühne erhielt lang anhaltenden Beifall für „Lütte witte Siedenschoh" / Marc Gelhart beeindruckte in seiner ersten Rolle

(js) Wilhelmshaven. Witte Siedenschoh, Größe 38, sorgten bei der jüngsten Premiere der Niederdeutschen Bühne am Sonnabend im Stadttheater für vergnügliche Komplikationen. Mit amüsantem Wortgeplänkel und hervorragenden Darstellern begeisterte die Niederdeutsche Bühne mit der Komödie „Lütte witte Siedenschoh" aus der Feder von Ingo Sax. Als Dank erhielten sie langanhaltenden Beifall vom begeisterten Publikum.

Ein Wunsch ist nur so lange reizvoll und interessant, so lange er unerfüllt bleibt. Bekommt man das Gewünschte, verliert es of seinen Reiz. So ergeht es auch Bauer Benno Roggenkamp, ein starrsinniger Bauer und Haustyrann. Er verliebt sich in ein junges Mädchen und erlebt seinen zweiten Frühling.

Bennos Hof ist einer der größten im Hamburger Umland. Während der Erntezeit müssen Tagelöhner angeworben werden, um die Ernte einzubringen. Bei klarem Verstand hätte Benno niemals eine junge Frau angenommen, die für Kost und Logis arbeiten will. Aber Erntedruck, Personalnot und rote Haare trüben seinen Blick. Gerade die roten Haare, gepaart mit Fleiß und Ausdauer, verwirren seinen Kopf.

So kommt Trina auf den Hof, die eigentlich Katharina heißt. Sie ist die heimliche Verlobte von Bennos Sohn Fiete. Doch Katharina ist nicht standesgemäß. Sie ist ein Mädchen aus der Stadt. Da müssen List und Tücke angewendet werden, um Katharina auf den Hof zu bringen. Bennos Haushälterin und ewige Verlobte, Lisa, weiß von den Heimlichkeiten des jungen Paares. Lisa stellt Katharina als Hausmagd ein, während sie ihre Schwester besucht. So wird aus Katharina Trina und dem Bauer als Tochter aus vermögendem Haus vorgestellt. Er ist sofort Feuer und Flamme. Benno macht Trina den Hof. Schnell spricht er von Heirat und kauft ihr „lütte witte Siedenschoh, Größe 38". Das paßt natürlich Lisa nicht, die aber nicht auftrumpfen darf, da sie von Benno im Alter versorgt werden will. Doch irgend jemand muß die Verwechslung aufklären. Benno will nicht, Fiete kann nicht, Lisa darf nicht. Bleibt also nur Trina. Weibliche Lisl ist gefragt, Schläue gegen Verliebtheit. So verspricht sie, daß alles geregelt sein wird, wenn „der Junge zum Mann und der Mann zum Vater" wird.

Immer wieder erhielten die vier Darsteller Applaus auf offener Szene. Mil Klaus Aden, Marc Gelhart, Heidi Rausch und Elke Theesfeld hatte Bigge Lünemann als Regisseurin eine hervorragende Wahl getroffen. Klaus Aden war wie geschaffen für die Rolle als Benno Roggenkamp. Auf der einen Seite der starrsinnige Bauer und Haustyrann, der seinem erwachsenen Sohn mit Nackenschlägen auf den rechten Weg bringen will. Seine Hochzeit mil Lisa schiebt er immer hinaus, weil sie Geld kostet. Aber es gibt auch noch eine andere Seite an Benno. Diese kann sanft und zärtlich sein, aber die erlebt nur Trina. Für sie kauft er Lackschuhe und tauscht sie schließlich auf Anraten von Sohn Fiete gegen Siedenschoh ein. Eigentlich denkt Fiete dabei an seine eigene Hochzeit mit Trina und merkt nicht, wie Benno Trina umgarnt. Die Verwirrung ist perfekt. Trina, gekonnt dargestellt von Elke Theesfeld, hat eine glänzende Idee, sie will Bennos Wunsch erfüllen, denn sie hofft, wird sein Wunsch Wirklichkeit, will er sie nicht mehr.

Da hält sie ihm sehenswert ihrer beiden Zukunft vor Augen. Fünf Kinder möchte sie mit ihm, twee Jungs un dree Deerns. Benno soll tanzen lernen, und sie bringt ihm gleich die ersten Walzerschritte bei. Außerdem brauchte sie eine weitere Haushaltshilfe, denn mit fünf Kindern hat sie nicht mehr viel Zeit für die Hausarbeit. Als Trina ihn schließlich noch auffordert, sein Testament zu ihren Gunsten zu ändern, verläßt Benno die Küche. Er geht zum Nachdenken in den Stall.

Unterstützt in ihren Spielchen wird Trina von Bennos Verlobter Lisa, herrlich gespielt von Heidi Rausch. Bleibt zum Schluß noch Fiete, der erst noch zum Mann werden muß, damit er seine Katharina in die Arme schließen kann. Mit der Neubesetzung Marc Gelhart hat die Niederdeutsche Bühne einen Glücksgriff gemacht, meisterhaft füllt er die Rolle des „noch etwas grün hinter den Ohren wirkenden Bauernsohn" aus. Frisch, und scheinbar ohne Lampenfieber, meisterte er bravourös seinen ersten Part.

Die nächste Aufführung der Niederdeutschen Bühne ist am Sonntag, dem 4. Oktober, um 15.30 und 20 Uhr im Stadttheater.


Termine

01. Samstag, 26.09.1998, 20.00 Uhr, Stadttheater Wilhelmshaven
02. Sonntag, 27.09.1998, 20.00 Uhr, Stadttheater Wilhelmshaven

03. Sonntag, 04.10.1998, 15.30 Uhr, Stadttheater Wilhelmshaven
04. Sonntag, 04.10.1998, 20.00 Uhr, Stadttheater Wilhelmshaven
05. Freitag, 09.10.1998, 20.00 Uhr, Stadttheater Wilhelmshaven
06. Dienstag, 13.10.1998, 20.00 Uhr, Stadttheater Wilhelmshaven
07. Sonntag, 18.10.1998, 15.30 Uhr, Stadttheater Wilhelmshaven
08. Sonntag, 18.10.1998, 20.00 Uhr, Stadttheater Wilhelmshaven

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