Herr Adrian hett Liefpien Inhalt Kritiken WILHELMSHAVENER ZEITUNG vom 10. April 2006 Molière klappt auch auf Plattdeutsch Molières „Der eingebildet Kranke" heißt bei den Niederdeutschen ,Herr Adrian hett Liefpien". Die Aufführung blieb bis auf die Sprache dem Orginal treu. VON INGA HELLWIG WILHELMSHAVEN - Die Niederdeutsche Bühne ist immer für Überraschungen gut. Statt dem „Schenkelklopfen" widmete man sich in der April-Premiere, mit der Übersetzung des Molière-Lustspiels „Der eingebildet Kranke", einem Klassiker, der zum Pflicht-Repertoire eines jeden Französischschülers gehört. "Herr Adrian hett Liefpien", unter der Regie und in „Übersetzung' von Arnold Preuß, blieb dabei der Vorlage bis auf die Sprache treu. Das Ensemble der Niederdeutschen Bühne legte gleichzeitig erneut ein Zeugnis davon ab, dass es - jenseits von Schwank und Bauernkomödie - das ernsthafte Schauspiel meistert. In einem Spannungsfeld zwischen klassischen Kostümen und einem kafkaesken Bühnenbild, auf dem das Geschehen im Schatten riesenhafter Medizinflaschen und Pillendosen vor geht, zeigte sich dieses andere aber sehr sehenswerte andere Gesicht des Ensembles. Gelacht werden konnte dennoch, denn in der satirischen Typen-Komödie mit dem Protagonisten Jürgen Tapken (als der eingebildet Kranke Herr Adrian), Marion Zomerland (als Dienstmädchen Anna), Tochter Angela (Martina Hofmann) sowie einer Schar von Ärzten und Apothekern wurde das sich Krankfühlen aus Lebensangst und die Flucht in die Krankheit als Lebensinhalt genau mi5 der richtigen Portion Humor gewürzt und mit Leben gefüllt, ohne dass das Satirische ins Alberne umschlug. Denn Herr Adrian ist ein Kranker, der sich seine zahlreichen Gebrechen nur einbildet. Die Krankheit hat er in den Mittelpunkt seines Lebens gestellt. Fortwährend doktert er an sich herum und verhilft seinen Ärzten Herrn Aderlaat (Nicolas C. Ducci) und Herrn Machandel (Horst Karstens) sowie seinem Apotheker, Herrn Holunderbeer (Walter Bleckwedel) so zu Wohlstand und Reichtum. In der Angst um sein kostbares Leben und Vermögen verfällt er auf den Gedanken, Angela, die eigentlich Klemens (Andre Gelhard) über alles liebt, an den künftigen Arzt Thomas Machandel (Marc Gelhard), einem albernen (und herrlich gespielten) Schwätzer und Nichtkönner zu verheiraten. Mit einem Arzt in der Familie hofft er auf kostenlose und bequeme medizinische Unterstützung. Angela weigert sich und wird dabei von Dienstmädchen Anna und ihrer kleinen Schwester Luise (Stepahnie Zeitz) unterstützt. Auch Adrians Bruder (Klaus Aden) , der diesem vergeblich seine eingebildenten Krankheiten auszureden versucht, steht auf der Seite Angelas und Klemens. Regine (Wilma Welte), Adrinas zweite Frau, dagegen bestärkt ihren Mann in seinem Krankheitswahn und schmiedet unterdessen gemeinsam mit dem Notar Redlich (Willy Meinen) Pläne, um sich die Erbschaft zu sichern. Mit einer List von Anna und Bernhard wird schließlich die Erbschleicherin entlarvt, die wahren Liebenden zusammengeführt und die quacksalberischen Methoden der Ärzteschaft aufgedeckt. Adrian beschließt, sich künftig selbst zu helfen und tritt vor eine Kommission der medizinischen Fakultät (Walter Bleckwedel, Günter Boye, Ralf-Rüdiger Bayer, Ingo Folkers, Hanna Kristoffers) um sich mit gebetsmühlenartiger Wiederholung der immer gleichen Behandlungsmethoden bei jeder Art von Krankheit selbst als Arzt zu qualifizieren. Moliéres Klassiker gewinnt angesicht der gegenwärtigen Dsikussion um das Gesundheitswesen an Aktualität Absicht oder Zufall: Mit Arnold Preuß Wahl des Moliere Stücks für sein Ensemble bringt der Regisseur einen Klassiker auf die Bühne, der angesichts des heutigen Gesundheitswesen eine zwingende Aktualität impliziert. Das Publikum - bei dem so mancher mit falscher Erwartungs auf das angekündigte heitere Volkstheater reagierte und sich offensichtlich erst in das Stück einfinden musste - belohnte die fabelhafte Leistung am Ende mit verdientem Beifall. Weitere Mitstreiter: Klistierspritzenträger: Garbiele Mahnke, Katja Stöver, Fenja Strowik, Aline Wohler Souffleuse: Roswita Wunderlich, Requisite: Marianne Karstens, Eba Mannott-Kallus, Bühnenbild: Arnold Preuß Musik: Nicolas C. Ducci, Maske: Ebba Mannott-Kallus, Anke Schlupkotten, Claudia Schröder, Katja Stöver, Heidi Strowink Bühnenbau: Wolfgang Buttjer, Heinz Fuchs, Bühnenmalerei: Thomas Marschner, Bühnentechnik: Jörg Buse, Wolfgang Buttjer, Werner Dörnath, Manfred Eilers, Heinz Fuchs, Gerd Gelhart, Beleuchtung: Uwe Freiberg, Herrmann Hanneken, Detlef Schumann, Technische Leitung: Manfred Eilers, Inspizientin: Anne Hillers. JEVERSCHES WOCHENBLATT vom 10. April 2006 Klassiker auf Plattdeutsch WILHELMSHAVEN - Molières Lustspiel „Der eingebildete Kranke" zählt zu den Klassikern auf deutschen Bühnen. Auch in Wilhelmshaven ist das Stück jetzt zu sehen - auf Plattdeutsch. „Herr Adrian hett Liefpien" heißt das Stück des „Theater am Meer - Niederdeutsche Bühne Wilhelmshaven". Wer einen platten Schwank erwartet hat, sieht sich getäuscht. Die Inszenierung von Arnold Preuß bewahrt die köstliche Ironie des Originals. SEITE 9 Ironisches Spiel in plattdeutscher Mundart Nicht nur der Hypochonder Herr Adrian begeisterte das Publikum - das ganze Ensemble des „Theater am Meer" überzeugt in dem vergnüglichen Stück. VON ERNST RICHTER WILHELMSHAVEN - Während in Deutschland Ärzte und Krankenhauspersonal für mehr Geld und angemessenere Arbeitszeiten streikend auf die Straßengehen, feiern in der Jadestadt Arzte, Apotheker und Personal die Aufnahme eines neuen Doktors in ihre Klientel - und das Publikum applaudiert stürmisch diese Zeremonie. Nein, hier hagelt es keine Proteste, denn wir befinden uns im Stadttheater, wo sich just der Premierenvorhang der Wilhelmshavener Erstaufführung „Herr Adrian hett Liefpien" der Niederdeutschen Bühne Wilhelmshaven schließt. Das „Theater am Meer" macht möglich, was im realen Alltag absurd wäre. Da gibt es wohl keine Quacksalber, die solch einem eingebildeten Kranken wie dem Herrn Adrian das Fell über die Ohren ziehen möchten. Bühnenleiter Arnold Preuß hat den weltweit bekannten und allerorts aufgeführten Moliere-Lustspiel-Klassiker „Der eingebildete Kranke" ins Niederdeutsche übertragen und auch gleich die Regie übernommen. Was dabei herauskam, ist kein platter Schwank, sondern ein ironisches Spiel im Klang der plattdeutschen Mundart, die hier original und zugleich originell vorgetragen wird. Wer nicht alle sprachlichen Feinheiten der oft reichlich langen Dispute mitbekommt und auch vergeblich vor derAufführung die hochdeutsche Übersetzung für „Liefpien" (vielleicht Lebenspein) gesucht haben sollte, der kann sich an den szenischen Rangeleien in den hübschen Kostümen der Barockzeit erfreuen, zusammengestellt von Helga Lauermann. Marion Zomerland gibt der koketten Deern Anna pulsierende Gestalt. Da ist an erster Stelle das aufmischende und quicklebendige wie äußerst einfallsreiche Dienstmädchen Anna zu nennen, dem Marion Zomerland pulsierende Gestalt verleiht. Die fesche Deern mit dem koketten Blick knüpft die Fäden der Handlung um den eingebildeten Kranken, den Jürgen Tapken verkörpert. Zum Verständnis: Der eingebildete Kranke ist ein Hypochonder, laut Duden ein stets missmutiger, schwermütiger und an eingebildeten Krankheiten leidender Mensch. Jürgen Tapken gefällt mit Witz und Mimik in der Liefpien-Paradefigur des Herrn Adrian. Köstlich und wie aus dem Leben gegriffen ist anzuschauen, wie Ehefrau Regine (Wilma Welte) ihren leidenden Mann umsorgt und den ihn verarztenden Quacksalbern Mut zu immer neuen Rezepturen und weiteren Klistieren macht, dann aber Freudentänze aufführt, als man ihr vorgaukelt, der Ehegatte sei gestorben. Das wiederum bringt den Hypochonder Adrian zu Verstand, er vergisst seine eingebildeten, ihn finanziell ruinierenden Krankheiten und wird selbst coram publico vom Dekan der Medizinischen Fakultät zum Doktor gekürt. Das „Theater am Meer" hat sein großes Laienspiel-Ensemble aufgeboten, um diese Aufführung zum Saisonschluss zum Erfolg zu führen. Das ist auch gelungen. In den weiteren Rollen wirken mit Martina Hofmann (Angela), Stephanie Zeitz (Luise), Klaus Aden (Adrians Bruder Bernhard), Horst Karstens (Doktor Machandel), Walter Bleckwedel (Apotheker Holunderbeer /Dekan), Andrrs Gelhart (Klemenz), Nicolas C. Ducci (Hausdoktor Aderlaat), Marc Gelhart (Thomas Machandel), Willy Meinert (Notar Redlich) sowie Günter Boye, RalfRüdiger Bayer, Ingo Folkers, Hanna Christoffers, Gabriele Mahnke, Katja Stöver, Fenja Strowik und Aline Wohler. Die weiteren Aufführungen: Donnerstag, 13. April (20 Uhr), Sonnabend, 22. April (20 Uhr), Sonntag, 30. April (15.30 und 20 Uhr), Sonntag, 7. Mai, (20 Uhr), und Sonntag, 14. Mai (15.30 und 20 Uhr). |