De goldene Anker

(Marius - Der goldene Anker)
Tragikomödie von Marcel Pagnol
Deutsch von Bruno Frank
Niederdeutsch von Hans-Jürgen Ott

Regie: Elke Münch
Regieassistenz: Marc Gelhart
Premiere: 8. 2. 03

Jens
- Marc Gelhart
Klaas,
sein Vater, Inhaber des Lokals "Zum goldenen Anker" - Horst Karstens
Fanny
- Martina Hofmann
Hanne,
Fannys Mutter - Helga Lauermann
Harm Bekaan,
Segelmacher - Walter Bleckwedel
Käpt'n Mewes
- Klaus Aden
Ole Bakker
- Heinz Zomerland
Bruns,
Oberzollinspektor - Günther Jaedeke
der kleine Heizer
- Christian Strowik
ein arabischer Seemann
- Patrick Pust
eine Kundin
- Christel Dörnath
ein Polizist
- Markus Pust
Visser,
Obermaat - Nicolas C. Ducci


Inhalt

Tagein, tagaus arbeitet Jens in der Kneipe "Zum goldenen Anker", die seinem Vater Klaas gehört. Sonderlich zufrieden stellt ihn das allerdings nicht, jeden Tag die gleichen Gästen wie Käpt'n Mewes und den kleinen Heizer zu bedienen.

Jens' (Marc Gelhart) Laune hebt sich nur selten, wenn Käpt'n Mewes (Klaus Aden) und sein enthusiastischer Heizer (Christian Strowik) im "Goldenen Anker" aufkreuzen.

Jens' Herz schlägt in Wahrheit für die Seefahrt. Schon seit Jahren sehnt er sich nach dem weiten Meer. In seinem Interesse für die Schifffahrt liegt wohl auch der einzige Vorteil in dem monotonen Dasein in der Hafenkneipe. So weiß er Fanny, mit der er zusammen aufgewachsen ist, immer viel über die Schiffe im Hafen zu erzählen.

Jens (Marc Gelhart) wartet gegenüber Fanny (Martina Hofmann) mit einer Menge Fachwissen über die Schiffe im Hafen auf.

Aber dem Fernweh steht ein entscheidender Punkt im Wege: Sein Vater Klaas plant, die Kneipe eines Tages seinem Sohn überlassen zu können. Dass Jens aufgrund des mangelnden Interesses für den Laden lieber am Hafen spazieren geht, läßt die beiden nicht selten aneinander geraten.

Wieder einmal zieht ein Gewitter zwischen Jens (Marc Gelhart) und seinem Vater Klaas (Horst Karstens) auf.

Was Jens nicht weiß: Auch Fanny hat eine andere Vorstellung von seiner Zukunft. Inzwischen herangereift zu einer jungen Dame, empfindet sie mehr für Jens, als nur zwischen den Kaffeesäcken mit ihm herumknutschen zu wollen. Da er diese Gefühle aber nicht erwidert, versucht sie ihn mit dem verwitweten Segelmacher Harm Bekaan eifersüchtig zu machen. Der macht dieses Spiel mit, da er aus lauter Einsamkeit sehr an Fannys Glück interessiert ist.

Harm Bekaan (Walter Bleckwedel) ist sehr von Fanny (Martina Hofmann) angetan, was Jens (Marc Gelhart) gar nicht gefällt.

So kommt es fast zu einer Prügelei zwischen den beiden Männern.

Fanny (Martina Hofmann) muss zusehen, wie Bekaan (Walter Bleckwedel) und Jens (Marc Gelhart) fast aufeinander losgehen.

Inzwischen sieht Fanny den passenden Augenblick gekommen, Jens ihre Liebe zu gestehen. Jens erwidert zwar die Zuneigung, gibt ihr aber auch zu verstehen, dass er hinaus auf See möchte, ja sogar muss.

Jens (Marc Gelhart) schwärmt Fanny (Martina Hofmann) von der weiten Welt vor.

Doch trotzdem kommen die beiden zusammen, halten ihre Liebe aber geheim. Allerdings kommt Fannys Mutter, die Fischverkäuferin Hanne, den beiden auf die Schliche. Geprägt von Moral und Anstand redet sie aus lauter Angst auf Klaas ein, er möchte seinen Filius zur Rede stellen. Das besorgt Klaas gleich beim nächsten Frühstück, nachdem Jens abermals "verschlafen" hat.

Jens (Marc Gelhart) flüchtet sich in Ausreden, als ihm sein Vater Klaas (Horst Karstens) eine Heirat mit Fanny nahelegt.

Nun sieht auch Jens langsam ein, dass sich etwas ändern muss. Er beschließt mit Fanny bei nächster Gelegenheit wegen einer Hochzeit zu reden. Doch nun, wo alles klar zu sein scheint, taucht Obermaat Visser auf, um ihm mitzuteilen, dass ein Platz auf seiner heißgeliebten "Malaissil" frei ist und Jens sofort mitfahren könnte.

Jens (Marc Gelhart) kann die frühere Begeisterung für die Malaissil nicht mehr mit Obermaat Visser (Nicolas C. Ducci) teilen.

Jens lehnt allerdings widerwillig ab, weil er sich für eine Zukunft mit Fanny entschlossen hat. Da er allerdings Visser seit Jahren schon wegen der Malaissil in den Ohren lag, reagiert dieser sauer auf die Absage.

Visser (Nicolas C. Ducci) fühlt sich von Jens (Marc Gelhart) auf den Arm genommen.

Als Fanny dem verzweifelnden Jens sagt, er solle gehen, versteht er nicht, dass sie ihn nur aus lauter Liebe gehen läßt. Zornig packt er seinen allzeit startbereiten Seesack und läßt sich von Ole Bakker, einem früheren Seemann zur Malaissil bringen.

Jens (Marc Gelhart) verfolgt schlussendlich doch seinen Traum, läßt Fanny (Martina Hofmann) zurück und läßt sich von Ole Bakker (Heinz Zomerland) zum Anleger begleiten.

Fanny bleibt unglücklich allein zurück, und nachdem es ihr gelungen ist, Klaas vom Ablegen der Malaissil inklusive Jens abzulenken, bricht sie ebenso wie ihre Zukunftspläne zusammen.


Kritik

WILHELMSHAVENER ZEITUNG vom 10. Februar 2003

Zwischen Moral und Sehnsucht:
Junge Liebe im "Goldenen Anker"


Erfolgreiche Premiere der "Niederdeutschen"
Von Inga Hellwig

Liebe, Sehnsucht, ein innerer Konflikt und die Hafenkneipe "Goldener Anker" als Schauplatz: Vier klassische Zutaten lieferten der Niederdeutschen Bühne am Sonnabend bei der Premiere "De goldene Anker" die Grundlage für ein typisches Volksstück. Die Tragikomödie von Marcel Pagnol in der Inszenierung von Regisseurin Elke Münch erzählt die Geschichte der Fischhändlerstochter Fanny (Martina Hofmann) und Jens (Marc Gelhart), dem Sohn des Kneipenbesitzers.
Seit der Kindheit befreundet, entdecken die beiden die Liebe zueinander. Fanny träumt vom Heiraten, doch Jens kann nicht von einer Sehnsucht, die ihn schon als kleiner Junge erfasst hat, lassen. In seiner Kammer steht der gepackte Seesack, und vor der Tür wartet das Schiff, mit dem er nach Hawaii, Feuerland und Madagaskar reisen will. Und dann ist da noch der reiche Segelmacher Harm Bekaan (Walter Bleckwedel), der ebenfalls ein Auge auf die junge Fanny geworfen hat. Im Gastraum des "Goldenen Ankers" fällt schließlich die Entscheidung darüber, welche Wünsche in Erfüllung gehen.
Beteiligt an der Entwicklung des Geschehens sind auch Fannys Mutter Hanne (Helga Lauermann), Obermaat Visser (Nicolas C. Ducci), Matrose Ole Bakker (Heinz Zomerland), ein Polizist (Markus Pust) und Klaas (Horst Karstens), der Gastwirt des "Goldenen Ankers". Als kauziger, aber herzensguter Gastwirt spielte vor allem er sich mit seinen humorvollen Einlagen in die Herzen der Premierenbesucher. Skat spielend, schachernd und Köm trinkend sorgte er zusammen mit Käpt'n Mewes (Klaus Aden), Oberzollinspektor Bruns (Günter Jaedeke) und dem kleinen Heizer (Christian Strowik) für rauchiges und rauhes Hafenmilieu auf der Bühne. Dies und kleine Einlagen, wie der Auftritt des arabischen Teppichhändlers (Patrick Pust), sorgten für die heitere Seite der Tragikomödie. Sachlicher und ernster hingegen wurde die Botschaft des Stückes in Szene gesetzt. Die Moralvorstellungen, die vor allem von Mutter Hanne von Jens und Fanny eingefordert werden, sind mit heutigen Maßstäben zwar nicht mehr ganz nachvollziehbar, das Dilemma sich widersprechender Lebensträume bleibt jedoch aktuell. So belohnten die Zuschauer, die als treue Gemeinde wieder zahlreich erscheinen waren, "De goldene Anker" mit viel Applaus. Sie wirkten ebenfalls mit::
Souffleuse: Marianne Karstens, Margita Pust. Maske: Heidi Strowik. Requisite: Monika Eilers. Bühnenbau: Günter Scherf, Horst Vollbrecht. Bühnentechnik: Ewald Brouwer, Werner Dörnath, Manfred Eilers, Gerd Gelhart, Günter Newerla. Bühnenmalerei: Herbert Ulbrich. Beleuchtung: Peter Pfaus, Uwe Freiberg, Heinz Hillers. Technische Leitung: Manfred Eilers. Inspizienz: Anke Schluppkotten. Inspiziensassistenz: Monika Grahl

JEVERSCHES WOCHENBLATT vom 10. Februar 2003

Kein Happyend für Jens und Fanny

"De Goldene Anker": Niederdeutsche Bühne am Stadttheater mit vierter Premiere im 70. Jubiläumsjahr

von Ernst Richter

Wilhelmshaven. "De Goldene Anker" lädt mit sanfter musikalischer Untermalung zum Verweilen ein. Noch ist in dem Lokal nicht viel los. Jens trocknet hinter der Theke Gläser, der alte Käpt'n klagt über zu wenig Leute, die jetzt noch die Fähre benutzen. Alle gehen über die neue Brücke. Im Lehnstuhl hält Kneipenwirt Klaas ein Nickerchen, und vor dem "Goldenen Anker" wartet Fanny auf Kundschaft, um ihre frischen Fische loszuwerden. Das Milieu hat maritimes Flair. Aus dem Hafen dröhnt das Horn eines Ozeandampfers und weckt in Jens das große Fernweh. Der junge Mann möchte raus aus dem engen Alltagstrott, weit weg, möchte ferne Länder sehen und das Meer in allen Spielarten erleben. Wenn da nur nicht Fanny wäre. Beide kennen sich von Jugend auf und sind auf dem besten Weg, die Liebe zueinander zu entdecken, obwohl Mutter Hanne streng über Fannys Sittsamkeit wacht. Und da ist auch noch Ole Backer, ein wohlhabender und in Ehren ergrauter Witwer, der selbst ein Auge auf Fanny geworfen hat. Er macht Mutter Hanne Andeutungen, die sie missversteht und auf sich bezieht. Das gibt Ärger. Doch auch sie ist letzten Endes geschäftstüchtig und weiß, wenn Tochter Fanny gut versorgt ist, kommt auch sie mit ihrem kleinen Fischhandel über den Berg. Doch es kommt anders. Im Streit zwischen Fernweh und liebender Zweisamkeit, die Fanny und Jens bereits ausprobiert haben, siegt das Fernweh. So erlebt "De Goldene Anker" kein Happyend. Das Premierenpublikum kann sich aber denken, dass Jens nach ein paar Runden um den Globus doch bei Fanny vor Anker gehen wird. Die Niederdeutsche Bühne hat mit dieser Tragikomödie "De Goldene Anker" von Marcel Pagnol,ins Niederdeutsche übersetzt von Hans Jürgen Ott, als viertes Stück dieser Saison auf die Bühne des Stadttheaters gebracht, inszeniert von Elke Münch, die auch das Bühnenbild entwarf. Das Publikum nahm sehr beifällig die Vorstellung auf, obwohl die Regie die Handlung fast ein wenig zu brav in Szenen setzte. Es wird sehr viel geredet und weniger gehandelt.
Wenn da am Kneipentisch beim Skat die Fetzen fliegen, dann wackelt die Wand. Und wenn sich Vater und Sohn (Klaas und Jens) im immerwährenden Generationenduell die Wahrheiten um die Ohren schlagen, dann wird das Publikum kopfnickend denken: ja, ja, wie bei uns oder unseren lieben Nachbarn auch. Das Laienensemble der Niederdeutschen Bühne hat viel Text einstudieren müssen, um die zweistündige Aufführung über die Bühne zu bringen.
Marc Gelbart spielt den ungestümen, von Freiheitsdrang und großer Liebe zu Fanny gleichermaßen arg strapazierten Jens, dessen Vater Klaas von Horst Karstens mit gelassenem Spielwitz in routinierter Manier dargestellt wird. In frischer Farbigkeit bringt Martina Hofmann diese temperamentvolle Deern Fanny auf die Bühne. Die Fischfrau Hanne ist zwar kein Startyp einer Molly Melone wohl aber ein resolutes Frauenzimmer, das stets um das Wohl ihrer Tochter Fanny bedacht ist: Helga Lauermann trifft den richtigen Ton. Heinz Zomerland liefert hier in dem Part als Witwer Ole Bakker eine sehr gelungene Charakterstudie ab, der sich auch Klaus Aden als Käpt'n Mewes anschließen kann. Walter Bleckwedel spielt den Segelmacher Harm Bekaan, der Jens zur See ruft. In den weiteren Rollen des spielfreudigen Ensembles wirken mit: Günther Jaedeke als Oberzollinspektor Bruns, Christian Strowik als kleiner Heizer, Patrick Pust als arabischer Teppiche verkaufender Seemann, Christel Dörnath als eine Fischkäuferin, Markus Pust als Polizist und Nicolas C. Ducci als Obermaat Visser.
"De Goldene Anker" ist ein unterhaltsame Komödie, die von Freiheitsdrang, von Sehnsüchten, von dem Wunsch nach Zärtlichkeit, von Liebe und Glück erzählt. Ein Stück zum Zuhören. Ein kleines Rätsel bleibt am Ende der Premierenvorstellung ungelöst: Als sich Horst Karstens an den Tisch setzen will, droht der Stuhl unter ihm zusammenzubrechen, was sicher nicht beabsichtigt war oder?

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