Allens ut de Reeg WILHELMSHAVENER ZEITUNG vom 29. Dezember 2000 Einen
nicht enden wollenden Beifallssturm erntete am zweiten Weihnachtsabend
die Niederdeutsche Bühne am Stadttheater Wilhelmshaven vor sehr gut
besuchtem Haus mit dem Zweiakter "Allens ut de Reeg". Dieses Erfolgsstück
des Engländers Ray Cooney war in der Übersetzung und Inszenierung von
Arnold Preuß ein zweistündiger Großangriff auf sämtliche Lachmuskeln.
Die
Farce spielt im heruntergekommenen Hotel Excelsior nicht weit vom Landtag.
Natürlich hat es gar nichts mit realen Vorbildern zu tun, wenn dort
Landwirtschaftsminister Richard Willms (Horst Karstens) statt sich auf
die BSE-Debatte vorzubereiten lieber mit der attraktiven Oppositionssekretärin
Inge (Elke Theesfeld) einen Seitensprung arrangiert. Doch kaum zeigt
diese reichlich Haut werden die 'Koalitionsverhandlungen' von der Entdeckung
einer Leiche (Andre Gelhart) gestört, die im runtergeklappten Schiebefenster
hängt. Die
Leiche muss weg Wozu
ist Willms ein gewiefter Minister; die Leiche muss weg, die nervige
Hotelmanagerin (Roswitha Wunderlich) muss beruhigt werden und den ebenso
drögen wie pfiffigen Kellner (Klaus Aden) muss man eben mit Trinkgeld
zur Diskretion bringen. Da
ist nun Assistent Söge (Marc Gelhart) gefordert, der als tölpeliger
Lulatsch allmählich zu ungeahnter Hochform aufläuft. Ständig in Bewegung
plant der Minister blitzschnell und lügt und salbadert, wie es wohl
nur eire abgebrühter Politiker versteht. Und auch, dass trotzdem alles
quer läuft, liegt nicht an seinem ständigen Wirbeln. Es kommt eben im
mer etwas dazwischen. Da
holt er mit dem schreckhaften Söge die Leiche aus dem Schrank und wird
vom Kellner überrascht, dem man sogleich ein "Kabarett der Konservativen"
mit dem angeblichen Söge-Bruder vortanzt. Überhaupt gerät der Schrank
zum beliebten Abstellversteck für diverse Akteure und immer aufs Neue
steigen Leute durch das kaputte Fenster ein und aus. Die Turbulenzen
werden durch ständig neue Lügen und Missverständnisse angeheizt. Wobei
die Leiche und ihre Beseitigung zunehmend in den Mittelpunkt geraten.
Es
ist zwerchfellerschütternd und oft geradezu atemberaubend, wie der Bleichling
herumgeworfen, aufgehängt und als Marionette bewegt wird. Andre Gelhart
gebürt ein Sonderlob für diesen intensiven Körpereinsatz, aber auch
dafür, dass er tatsächlich nie eine Miene verzieht. Die
Ereignisse überschlagen sich auch ansonsten und schließlich erhöht das
Erschei nen von Inges wildgewordenem Ehemann Ronni (Nicolas C. Ducci),
der ahnungslos blonden Ministergattin Pamela (Marion Zomerland) und
der zierlich gestrengen Schwester Geesche (Martina Jahn) noch das Wirrwarr.
Da
überschlägt sich die Situationskomik und allerlei Frivolitäten geben
ebenso ihre Würze dazu wie einige Kleidungsprobleme. Klamauk und Chaos
feiern fröhliche Urständ und das gesamte Ensemble sprühte an diesem
Premierenabend vor Spielfreude. Horst
Karstens mit seinem riesigen Textpensum und Marc Gelharts quengelige
Hampelei als drangsalierter Assitent verdienen mit ihren Leistungen
noch aus dem guten Ensemble herausgehoben zu werden. Wie der Klamauk
dann endet, soll hier nicht verraten werden. Darauf dürfen sich die
Besucher der weiteren Vorstellungen am 7., 13., 14., 21. und 30. Januar
jeweils um 20 Uhr sowie am 14. und 21. Januar um 15.30 Uhr freuen. wan
JEVERSCHES WOCHENBLATT vom 28. Dezember 2000 von Ernst Richter Das wissen und wussten auch
die bekannten Autoren der niederdeutschen Sprache. Ihre Klassiker, die
immer wieder den Spielplänen der Niederdeutschen Bühnen erscheinen,
beweisen es. Ob die jüngste deutsche Erstaufführung der Niederdeutschen
Bühne am Stadttheater Wilhelmshaven diesen Ansprüchen gerecht wird,
mag das Publikum entscheiden. Die Premierenbesucher amüsierten
sich jedenfalls köstlich mit der Farce "Allens ut de Reeg" von Ray Cooney,
ins Hochdeutsche übersetzt von Nick Walsh und ins Plattdeutsche übertragen
von Arnold Preuß, der auch die Regie übernommen hat. Das Bühnenbild führt die
Besucher in eine Hotelsuite der Mittelklasse. Dort hat sich ein hoher
Politiker eingemietet, es soll sich um den Landwirtschaftsminister Richard
Willms handeln, der von Horst Karstens souverän dargestellt wird. Dieser
möchte mit der jungen, temperamentvollen Oppositions-Sekretärin Inge
Würdemann, charming gespielt von Elke Theesfeld, einen Seitensprung
riskieren. Doch dazu kommt es nicht, denn im Fensterkreuz des Zimmers
hängt eine Leiche. Der Minister ist der Lage
gewachsen, packt den Toten in den Kleiderschrank und ruft sei nen Assistenten
Schorsch Söge zu Hilfe, den Marc Gelhart bravourös verkörpert. Nur der
Ministerpräsident muss wegen der anberaumten BSE-Debatte etwas auf seinen
Landwirtschaftsminister warten, er vermutet seinen Minister im Staatlichen
Museum und nicht etwa im Hotel "Exelsior". Diese Seitensprung-Hindernisse
könnten ja noch bewältigt werden, wenn da nicht ständig Klaus Aden als
Hotelkellner und Roswitha Wunderlich als Hotelmanagerin umschichtig
aufkreuzen und die Therapie durcheinander bringen würden. Die Story
wird von Minute zu Minute heikler und undurchsichtiger. Clever wie Politiker
sind, entwickelt der Minister eine Lügengeschichte, die immer rasantere
Formen annimmt, zumal die jeweiligen Ehepartner der des Seitensprung-Duos
auftauchen. Marion Zomerland spielt Pamela Willms, die Frau des Ministers,
und Nicolas C. Ducci den total eifersüchtigen Ronni Würdemann. Um die Turbulenzen noch weiter
zu steigern, tritt auch noch Martina Jahn als Pflegeschwester Geesche
auf und mischt in dem Durcheinander mit ständigen Auf-und Abgängen durch
Fenster und Türen kräftig mit. Selbst die Leiche wird bei solchen Eskapaden
wieder lebendig und entpuppt sich als Privatdetektiv, verkörpert von
Andre Gelhart. Das Publikum amüsiert sich
trefflich und lässt einen zuvor wohl nie gehörten Aufschrei los, als
der eifersüchtig wütende, nur mit einem Badetuch bekleidete Ronni Würdemann
bei einem Abgang auch dieses noch fallen lässt. Das wäre doch was für
Silvester gewesen. Der Originaltitel der deutschen Übersetzung aus dem
Englischen heißt "Außer Kontrolle". Und tatsächlich gerät die Handlung
zu Ende der Aufführung etwas außer Kontrolle. Es entwickelt sich ein
atemberaubendes Verwechslungs-Tohuwabohu. Nach der Premiere am zweiten
Weihnachtsfeiertag im Stadttheater stehen weitere sieben Aufführungen
von "Allens ut de Reeg" auf dem Programm der Niederdeutschen Bühne und
zwar am 7., 13., 14., 21. und 30. Januar, jeweils Beginn um 20 Uhr,
sowie am 14. und 21. Januar zusätzlich um 15.30 Uhr. Karten sind im
Vorverkauf beim ServiceCenter der Landesbühne und an der Abendkasse
erhältlich. |