Allens ut de Reeg

Farce von Ray Cooney
Niederdeutsch von Arnold Preuß

Regie: Arnold Preuß
Premiere: 26.12.00

Richard Willms,
Landwirtschaftsminister - Horst Karstens
Hotelmanagerin
- Roswitha Wunderlich
Kellner
- Klaus Aden
Inge Würdemann,
Sekretärin der Opposition - Elke Theesfeld
Leiche
- André Gelhart
Schorsch Sööge,
Richards Assistent - Marc Gelhart
Ronnie Würdemann,
Inges Ehemann - Nicolas C. Ducci
Pamela Willms,
Richards Ehefrau - Marion Zomerland
Geesche Förster,
Pflegerin von Schorschs Mutter - Martina Jahn


WILHELMSHAVENER ZEITUNG vom 29. Dezember 2000

Wenn der Landwirtschaftsminister einen Seitensprung vorbereitet...

Beifallssturm für "Allens ut de Reeg" der Niederdeutschen Bühne


Einen nicht enden wollenden Beifallssturm erntete am zweiten Weihnachtsabend die Niederdeutsche Bühne am Stadttheater Wilhelmshaven vor sehr gut besuchtem Haus mit dem Zweiakter "Allens ut de Reeg". Dieses Erfolgsstück des Engländers Ray Cooney war in der Übersetzung und Inszenierung von Arnold Preuß ein zweistündiger Großangriff auf sämtliche Lachmuskeln.

Die Farce spielt im heruntergekommenen Hotel Excelsior nicht weit vom Landtag. Natürlich hat es gar nichts mit realen Vorbildern zu tun, wenn dort Landwirtschaftsminister Richard Willms (Horst Karstens) statt sich auf die BSE-Debatte vorzubereiten lieber mit der attraktiven Oppositionssekretärin Inge (Elke Theesfeld) einen Seitensprung arrangiert. Doch kaum zeigt diese reichlich Haut werden die 'Koalitionsverhandlungen' von der Entdeckung einer Leiche (Andre Gelhart) gestört, die im runtergeklappten Schiebefenster hängt.

Die Leiche muss weg

Wozu ist Willms ein gewiefter Minister; die Leiche muss weg, die nervige Hotelmanagerin (Roswitha Wunderlich) muss beruhigt werden und den ebenso drögen wie pfiffigen Kellner (Klaus Aden) muss man eben mit Trinkgeld zur Diskretion bringen.

Da ist nun Assistent Söge (Marc Gelhart) gefordert, der als tölpeliger Lulatsch allmählich zu ungeahnter Hochform aufläuft. Ständig in Bewegung plant der Minister blitzschnell und lügt und salbadert, wie es wohl nur eire abgebrühter Politiker versteht. Und auch, dass trotzdem alles quer läuft, liegt nicht an seinem ständigen Wirbeln. Es kommt eben im mer etwas dazwischen.

Da holt er mit dem schreckhaften Söge die Leiche aus dem Schrank und wird vom Kellner überrascht, dem man sogleich ein "Kabarett der Konservativen" mit dem angeblichen Söge-Bruder vortanzt. Überhaupt gerät der Schrank zum beliebten Abstellversteck für diverse Akteure und immer aufs Neue steigen Leute durch das kaputte Fenster ein und aus. Die Turbulenzen werden durch ständig neue Lügen und Missverständnisse angeheizt. Wobei die Leiche und ihre Beseitigung zunehmend in den Mittelpunkt geraten.

Es ist zwerchfellerschütternd und oft geradezu atemberaubend, wie der Bleichling herumgeworfen, aufgehängt und als Marionette bewegt wird. Andre Gelhart gebürt ein Sonderlob für diesen intensiven Körpereinsatz, aber auch dafür, dass er tatsächlich nie eine Miene verzieht.

Die Ereignisse überschlagen sich auch ansonsten und schließlich erhöht das Erschei nen von Inges wildgewordenem Ehemann Ronni (Nicolas C. Ducci), der ahnungslos blonden Ministergattin Pamela (Marion Zomerland) und der zierlich gestrengen Schwester Geesche (Martina Jahn) noch das Wirrwarr.

Da überschlägt sich die Situationskomik und allerlei Frivolitäten geben ebenso ihre Würze dazu wie einige Kleidungsprobleme. Klamauk und Chaos feiern fröhliche Urständ und das gesamte Ensemble sprühte an diesem Premierenabend vor Spielfreude.

Horst Karstens mit seinem riesigen Textpensum und Marc Gelharts quengelige Hampelei als drangsalierter Assitent verdienen mit ihren Leistungen noch aus dem guten Ensemble herausgehoben zu werden. Wie der Klamauk dann endet, soll hier nicht verraten werden. Darauf dürfen sich die Besucher der weiteren Vorstellungen am 7., 13., 14., 21. und 30. Januar jeweils um 20 Uhr sowie am 14. und 21. Januar um 15.30 Uhr freuen. wan


JEVERSCHES WOCHENBLATT vom 28. Dezember 2000

Turbulenzen in Hotelsuite 648 machen Stimmung

Niederdeutsche Bühne am Stadttheater Wilhelmshaven mit deutscher Erstaufführung "Allens ut de Reeg"

von Ernst Richter

Wilhelmshaven.
Die Niederdeutschen Theater leben von und mit der plattdeutschen Sprache. Um sie zum Klingen zu bringen muss das Umfeld - die Handlung und auch das Bühnenbild - stimmen. Dieser "Dreiklang" macht das plattdeutsche Spiel zu einem besonderen Erlebnis. Es nützt also kaum etwas, eine erfolgreiche Komödie, einen deftigen Schwank, eine Lustspiel oder vielleicht einen Krimi einfach ins Plattdeutsche zu übertragen, um den Bühnenerfolg gleichsam vorzuprogrammieren. Alles muss stimmig sein.

Das wissen und wussten auch die bekannten Autoren der niederdeutschen Sprache. Ihre Klassiker, die immer wieder den Spielplänen der Niederdeutschen Bühnen erscheinen, beweisen es. Ob die jüngste deutsche Erstaufführung der Niederdeutschen Bühne am Stadttheater Wilhelmshaven diesen Ansprüchen gerecht wird, mag das Publikum entscheiden.

Die Premierenbesucher amüsierten sich jedenfalls köstlich mit der Farce "Allens ut de Reeg" von Ray Cooney, ins Hochdeutsche übersetzt von Nick Walsh und ins Plattdeutsche übertragen von Arnold Preuß, der auch die Regie übernommen hat.

Das Bühnenbild führt die Besucher in eine Hotelsuite der Mittelklasse. Dort hat sich ein hoher Politiker eingemietet, es soll sich um den Landwirtschaftsminister Richard Willms handeln, der von Horst Karstens souverän dargestellt wird. Dieser möchte mit der jungen, temperamentvollen Oppositions-Sekretärin Inge Würdemann, charming gespielt von Elke Theesfeld, einen Seitensprung riskieren. Doch dazu kommt es nicht, denn im Fensterkreuz des Zimmers hängt eine Leiche.

Der Minister ist der Lage gewachsen, packt den Toten in den Kleiderschrank und ruft sei nen Assistenten Schorsch Söge zu Hilfe, den Marc Gelhart bravourös verkörpert. Nur der Ministerpräsident muss wegen der anberaumten BSE-Debatte etwas auf seinen Landwirtschaftsminister warten, er vermutet seinen Minister im Staatlichen Museum und nicht etwa im Hotel "Exelsior".

Diese Seitensprung-Hindernisse könnten ja noch bewältigt werden, wenn da nicht ständig Klaus Aden als Hotelkellner und Roswitha Wunderlich als Hotelmanagerin umschichtig aufkreuzen und die Therapie durcheinander bringen würden. Die Story wird von Minute zu Minute heikler und undurchsichtiger. Clever wie Politiker sind, entwickelt der Minister eine Lügengeschichte, die immer rasantere Formen annimmt, zumal die jeweiligen Ehepartner der des Seitensprung-Duos auftauchen. Marion Zomerland spielt Pamela Willms, die Frau des Ministers, und Nicolas C. Ducci den total eifersüchtigen Ronni Würdemann.

Um die Turbulenzen noch weiter zu steigern, tritt auch noch Martina Jahn als Pflegeschwester Geesche auf und mischt in dem Durcheinander mit ständigen Auf-und Abgängen durch Fenster und Türen kräftig mit. Selbst die Leiche wird bei solchen Eskapaden wieder lebendig und entpuppt sich als Privatdetektiv, verkörpert von Andre Gelhart.

Das Publikum amüsiert sich trefflich und lässt einen zuvor wohl nie gehörten Aufschrei los, als der eifersüchtig wütende, nur mit einem Badetuch bekleidete Ronni Würdemann bei einem Abgang auch dieses noch fallen lässt. Das wäre doch was für Silvester gewesen. Der Originaltitel der deutschen Übersetzung aus dem Englischen heißt "Außer Kontrolle". Und tatsächlich gerät die Handlung zu Ende der Aufführung etwas außer Kontrolle. Es entwickelt sich ein atemberaubendes Verwechslungs-Tohuwabohu.

Nach der Premiere am zweiten Weihnachtsfeiertag im Stadttheater stehen weitere sieben Aufführungen von "Allens ut de Reeg" auf dem Programm der Niederdeutschen Bühne und zwar am 7., 13., 14., 21. und 30. Januar, jeweils Beginn um 20 Uhr, sowie am 14. und 21. Januar zusätzlich um 15.30 Uhr. Karten sind im Vorverkauf beim ServiceCenter der Landesbühne und an der Abendkasse erhältlich.


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