Machos und andere Weicheier Kritiken WESER-REPORT vom 03. Juli 2022 Vier Herren auf der Insel Im Boulevardtheater Bremen gibt es keine Sommerpause. Deshalb eröffnete das Theater im Tabakquartier die Spielzeit 22/23 bereits am Freitag mit der Komödie „Machos und andere Weicheier“. Wieder ein Stück aus der Feder von Kay Kruppa und Frank Pinkus, die 2020 den Lockdown nutzten, um sich Spaß am Fließband auszudenken. In diesem Fall schicken sie vier Herren von der Bausparkasse auf eine einsame Insel. Die Kollegen sollen zeigen, wer von ihnen am besten geeignet ist, den Posten des Bezirksleiters zu übernehmen. Das Assessment-Center mutiert dann im doppelten Sinn zur Persiflage. Es führt seltsame Auswüchse der Personalauswahl im gleichen Atemzug ad absurdum wie Trash-TV-Formate aus der Kategorie Dschungelcamp und Germanys Next Topmodel. Herrlich, Herrlich! (Um diesen Ausruf zu verstehen, muss man das Stück gesehen haben.) KREISZEITUNG vom 04. Juli 2022 Wenn die Fassade bröckelt… VON MARTIN KOWALEWSKI Ein Abenteuer überstehen für die Beförderung: Vier Männer, Kollegen bei einer Bausparkasse, müssen auf einer einsamen Insel unter Beobachtung eine ganze Reihe von Aufgaben erfüllen, denn sie konkurrieren um den Aufstieg zum Bezirksleiter. Die Aufgaben, darunter das Indianerspiel, und der Inselaufenthalt lassen die Fassade der vier Herren brüchig werden und Überraschendes zum Vorschein kommen. Gregor Gregersen (Marco Linke) nimmt nur seiner Mutter zuliebe an dem Wettbewerb auf der einsamen Insel teil, eine verkrampfte Erscheinung, angstgeplagt, sogar davor, Ratten oder Hasen könnten an ihm knabbern. Schauspieler Christian Schliehe verkörpert als Theo Nielsen gekonnt einen trockenen Charakter, der sein Inneres verdeckt hält: Er ist ein ruhiger Beobachter und auch ruhig im Gestus, aber nie um einen zynischen Kommentar verlegen. Stefan Nussbaum (Carsten Steuwer) gibt sich als Sonnenschein, stets bemüht um eine positive und humorvolle Atmosphäre, erzählt viel von sich, allerdings ohne Wert auf Pointen zu legen. Die Indianerrolle passt zu Jörg. Er ist halt ein echter, harter Kerl mit maskuliner Erscheinung und selbstsicherem Gesichtsausdruck. Er prahlt damit, beim Bund Einzelkämpfer gewesen zu sein. Und sein Schleichen und Robben wirkt gekonnt. Er soll unbemerkt von den anderen seinen Rucksack holen. Dieser steht neben seinen nach vorn blickenden Kollegen. Stefan, direkt neben dem Rucksack, erwischt Jörg. Die Folge: Jörg landet gefesselt am „Marterpfahl“ (einem Baum), ausgerechnet beschützt von Gregor, während die anderen nach Essbarem suchen. Ein persönliches Gespräch beginnt. Gregor ist schwul, wie Jörg erfährt. Er war bereits in einen Mann verliebt, der merkte das aber nicht. Jörg ist Macher, selbst am Marterpfahl, und teilt Gregor klar und detailliert mit, was in so einer Lage an der Liebesfront zu tun ist. Die direkte Folge: Gregor steht neben dem gefesselten Jörg, fasst ihn an den Po und sagt: „Tut mir leid. Ich bin schwul und steh" total auf Dich.“ Danach gibt er ihm einen innigen Kuss. Auch andere Aufgaben sorgen für Heiterkeit und Lacher im Publikum, das bestens unterhalten wird. Da ist etwa der Catwalk bei einer kleinen Runde „Germany’s Next Topmodel“. Gregor zeigt, wie man zu gehen hat und schult Jörg ein wenig. Die vier Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet und besetzt. Wie es im echten Leben so ist: Bröckelt die Fassade, offenbaren sich ganz andere Seiten eines Menschen. Auch eine 47-jährige Besucherin aus Hamburg findet die Charaktere bestens dargestellt. Man merke die Handschrift des verstorbenen Frank Pinkus. Das Stück sei super geschrieben und super gespielt, freut sich die Hamburgerin, die auch gern das Weyher Theater besucht. Nächste Vorstellungen: 8., 9., 15. und 16 Juli, 20 Uhr. Bis Ende August stehen Vorstellungen auf dem Spielplan. Tickets ab 33 Euro unter „www.boulevardtheater-bremen.de“. Termine |