Kalender Boys Kritiken KURIER DER WOCHE/WESER-KURIER vom 10. Oktober 2021 Einer für alle, alle für einen VON ALEXANDRA KNIEF Das alleine ist schon bitter genug für den Ruf der Gruppe. Dass es aber in ihrer eigenen Wache gebrannt hat – und zwar schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre – macht sie zum Gespött des ganzen Ortes. Sogar in der Tagesschau wurde über die abgebrannte Feuerwehr berichtet. Zum Leidwesen aller. Nur der immer positive, etwas simple Rudi (Markus Weise) freut sich darüber, dass er im Fernsehen so „drahtig und sportlich“ aussah. Weil von der Ausrüstung – inklusive Fahrzeug – nicht mehr viel übrig ist, braucht die kleine Truppe rund um Brandmeister Peter (Hermes Schmid) und seinen Sohn Achim (Kai Hochhäusler) dringend Geld. Alle sind sich schnell einig, dass Kinderschminken alleine (Vorschlag von Rudi) nicht genug einbringen würde. Also wird weiter überlegt, bis Silvio (Marc Gelhart) mit einer gewagten Idee um die Ecke kommt: Er will einen Kalender mit Nacktfotos der Feuerwehrmänner herausbringen. Das, betont Silvio und zeigt seinen Freunden gleich ein Beispiel von Kollegen aus England, habe schon bei anderen Feuerwehren ordentlich Geld eingebracht. Aber leider sieht in der Wache niemand aus wie Luke aus Sussex, glattrasiert und mit stahlhartem Six-Pack. Gerade die beiden älteren Kollegen Peter und Siegfried (Andreas Eckel) sind skeptisch. Siegfried hat vor allem Bedenken wegen der Pfunde, die er die letzten Jahre zugenommen hat; wegen „seines Ranzens“ wie er selbst sagt. Denn den trägt er mittlerweile nicht mehr wie zu Schulzeiten auf dem Rücken, sondern vorne. Einzig Uwe (David Gundlach) bleibt relativ entspannt, er ist nämlich ganz gut in Form. Und Rudi natürlich, er ist immerhin super „drahtig und sportlich“. Als Silvio allerdings verkündet, dass eine Frau, nämlich die junge Svenja (Stephanie Liebl), die Fotos für den Kalender machen wird, haben die etwas verklemmten Lösch-Experten dann doch mit ihrer Scham zu kämpfen. Aber wie lautet das Motto des Teams so schön? Einer für alle, alle für einen! Also heißt es: Augen zu und durch. „Kalender Boys“ ist ein sehr unterhaltsames Stück mit toller Musik zwischen den Szenen (von Europe über die Beatles bis hin zu The Cure) und charmanten Darstellern. Tatsächlich lief das Stück vor zehn Jahren bereits einmal erfolgreich am Weyher Theater. Nun wurde es für den neuen Zweitsitz der Theatermacher in Woltmershausen neu aufgelegt. Auf flache, bei so einer Thematik nahe liegende, Wortspielwitze mit Spritzen und Schläuchen wurde beim Text und der Inszenierung weitgehend verzichtet. Stattdessen begegnen Kay Kruppa und Frank Pinkus (1959-2021) den sechs Feuerwehrmännern trotz ihrer ganz individuellen Schrullen mit viel Respekt und zeigen, dass Boulevardtheater auch funktioniert, ohne ganz unten in die Klischee- und Stereotypenkiste zu greifen. Einzig auf die etwas erzwungene Liebesgeschichte zwischen Svenja und einem der Feuerwehrmänner hätte man verzichten können. Genauso wie auf Svenjas aufgesetzten, bayerischen Akzent zu Beginn des Stückes, der dann einfach verschwindet, als hätte es ihn nie gegeben. Doch all das ist spätestens beim amüsanten Finale, das beweist, dass man kein Sixpack braucht, um Mister Februar oder Mister Dezember zu werden, vergessen. Ein besonderes Lob gebührt Schauspieler Markus Weise, der bei der Premiere am Freitag schon allein durch seine großartige Mimik für viele Lacher sorgte. Alle Termine für die „Kalender Boys“ finden Sie online unter www.boulevardtheater-bremen.de. KREISZEITUNG vom 11. Oktober 2021 Lachmuskeln unter Feuer VON MARTIN KOWALEWSKI Die Fahrzeughalle der Freiwilligen Feuerwehr ist abgebrannt. Peinlich! Die Stimmung unter den sechs Männern von der Freiwilligen Feuerwehr ist entsprechend gedrückt. Nur Uwe (David Gundlach), der gerade aus dem Urlaub von Juist kommt, singt munter „Ring of Fire“. Er findet sogar, es riecht so, als hätten seine Jungs einen richtig guten Brand gehabt.?.?. doch auch ihn ereilt bald die furchtbare Wahrheit. Wie den Schaden bezahlen? Silvio (Marc Gelhart) hat eine Idee, die Inspiration dazu hatte ein Kalender mit englischen Feuerwehrleuten ausgelöst. Ein Nacktkalender soll produziert werden, künstlerisch, schwarz-weiß und die Weichteile abgedeckt. Schon eine Herausforderung für die Männer doch unterschiedlichen Alters... Rudi lässt die Hosen runter Silvio präsentiert zudem auch noch eine Fotografin: Svenja, von Stephanie Liebl frech, jung, unkompliziert in Szene gesetzt. Das wirkt alles andere als beruhigend. Es knistert zwischen Svenja und Achim (Kai Hochhäusler), Sohn des Brandmeisters Peter (Hermes Schmid). Peter und Siegfried (Andreas Eckel) sind beide bereits etwas älter. Peter will sich mit seiner Handykamera ein wenig an die große Herausforderung herantasten – und überredet Siegfried dazu, den Oberkörper freizumachen. Auf die Aufforderung, sich doch ein bisschen zu streicheln, gehen Siegfrieds Hände ganz kurz gen Brust – aber dann lässt er, verärgert wirkend, ab. Das ist schon witzig und gut gespielt. Es gibt Lacher im Publikum und Szenenapplaus. Siegfried kämpft weiter vor der Handy-Linse, spannt den Bauch an. Bezüglich seines „Ranzens“ vorne macht das allerdings nicht viel aus. Und das Lächeln ist durchaus von Anstrengung geprägt, aber Peter macht dennoch ein Foto. Achim und Rudi (Markus Weise) sind betrunken und genehmigen sich noch einen. Rudi lässt die Hosen runter. Die Frauen würden seine Beine mögen, sagt er. Achim soll ganz genau hingucken. Und er geht wirklich nahe ran. Sein Befund: Die Beine sind „storchig“. Rudi sagt, der linke Oberschenkel sei dicker. Sehen kann man das allerdings nicht. Aber Rudi erklärt, das kommt aus seiner Zeit als Mannschaftskegler – vom Ausfallschritt. Den zeigt er dann auch voller Überzeugung und geht herunter bis auf den Boden. Der Schauspieler Markus Weise zeigt mit Rudi einen netten, wenn auch zuweilen noch sehr kindlichen Kerl, der allerdings vieles nicht ganz versteht – Ironie zum Beispiel gar nicht. Einfach putzig. Eine muntere Trunkenheitsszene, die noch etwas weitergeht. Achim will schon wissen, ob er wirklich „knackig“ ist. Rudi soll es mit eigenen Händen prüfen. Und so findet Svenja – das musste ja so kommen – beide in einer höchst missverständlichen Situation vor. Das war’s mit dem Knistern. Dafür trifft Achim auf unbeugsames Verständnis, gegen das er sich einfach nicht mehr wehren kann. Ein spannendes Thema des Abends ist auch: Mit welchen Utensilien wird des Mannes bestes Stück verdeckt? Da finden die „Kalender Boys“ auf der Bühne rechts viele originelle Lösungen. Etwa 200 Zuschauer sind bei der Premiere im Bremer Tabakquartier dabei. Ständig gibt es Szenenapplaus – und viel Heiterkeit: Lachmuskeln unter Feuer. Am Ende des unterhaltsamen Abends sind die Zuschauer begeistert und loben die Leistung der Schauspieler. Die nächsten Termine „Kalender Boys“ ist bis zum 21. November im Boulevardtheater Bremen (Am Tabakquartier 8, Woltmershausen) zu sehen. Die nächsten Termine: Mittwoch, 13. Oktober, 15 Uhr; Donnerstag, 14. Oktober, bis Sonnabend, 16. Oktober, jeweils 20 Uhr; Sonntag, 17. Oktober 15 Uhr. Eintrittskarten ab 32 Euro beziehungsweise 30 Euro sind an den Theaterkassen in Bremen und Weyhe sowie online unter dieser Adresse erhältlich. Im Boulevardtheater Bremen gilt die 3G-Regelung. Termine |