Der große Loriot Abend Kritiken RADIO BREMEN 1 vom 6. September 2024 KREISZEITUNG vom 9. September 2024 Frühstücksei und Kosakenzipfel „Der große Loriot-Abend“ feiert im Boulevardtheater Bremen Premiere Bremen – Ein Stück Bremer Mediengeschichte erobert das Boulevardtheater im Bremer Tabakquartier: „Der große Loriot-Abend“ gießt Sketche aus den 70ern, damals produziert bei Radio Bremen, in ein neues Gewand. Die Regisseure Kay Kruppa und Marc Gelhart greifen Fernsehaufnahmen und auch Zeichentrickvorlagen auf.
Die Orientierung an Bernhard-Viktor (Vicco) von Bülow alias Loriot (1923 bis 2011) schafft eine eigene Welt. So sind zum Beispiel auch verschiedene Bilder des großen Meisters zu sehen. Darunter eine Dreiersequenz: Eine Frau hat einen Luftballon für einen kleinen Jungen. Dieser zerstört den allerdings mit seiner (von der Frau zunächst nicht gesehenen) Zigarette und geht davon. Typisch bei den Bildern sind immer wieder die unverkennbaren Knollennasen. Natürlich wird auch Loriot auf dem Sofa dargestellt – von Hermes Schmid. Er schafft es, einiges von der herzlich-gemütlichen Ruhe aufzugreifen, mit der Loriot seine Sicht auf das Leben und die Menschen präsentierte –auch auf den modernen Menschen, der die Probleme seines Lebens aufgegriffen sehen wolle. Und das müsse auch noch zügig geschehen, im Rahmen von fünf Minuten. Am Schluss weitere tiefe Einblicke. Darunter: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Und natürlich ist irgendwann eine Badewanne auf der Bühne zu sehen. Vor ihr: Ein Badeentchen. In ihr: Herr Doktor Klöbner (Hermes Schmid) und Herr Müller-Lüdenscheidt (Joachim Börker). Verlegene Blicke zur Seite. Klöbner ist wohl im falschen Hotelzimmer gelandet. Das streithafte Gespräch – zunächst – in einer leeren Badewanne kommt munter in Gang. Wenn die Herren aufspringen und mahnend den Namen des jeweils anderen mit Empörung hervorstoßen, dann tun sie es mit ordentlich Anspannung und konfliktentsprechend durchgestreckten Körpern. Der Sketch „Liebe im Büro“ ist mit beachtlicher Lebendigkeit umgesetzt. Unternehmer Karl-Heinz Meltzer (Christian Schliehe) möchte seine Angestellte Fräulein Dinkel (Kathrin Busch) verführen. Beide wirken authentisch bieder. Auch das schlechte Sehen und nach Abnahme der Brillen überzeugt. Der Chef kommt ins Rutschen und hängt bald auf seiner sitzenden Angestellten. Ein einkommender Geschäftsanruf aber wird immer noch mit hinreichender Professionalität abgewickelt. Die Romanze geht weiter. Würde da nicht ein verlorenes Geschäftsschreiben aufgefunden. Da kann ein Boss nicht aus seiner Haut. Kathrin Busch, erstmalig am Boulevardtheater, macht auch die bekannte Fernsehansage zum achten Teil eines englischen Fernsehkrimis namens „Die zwei Cousinen“ – ein harter Kampf um die Aussprache einer Übermenge englischer Namen, die auch das Durchhalten der korrekten Aussprache des Deutschen irgendwann schwinden lässt. Busch zeigt eine starke Gemütswandlung, wirkt zunächst vielleicht sogar leicht heiter, um dann bei der Schilderung zu einer gewissen Ernsthaftigkeit zu kommen, die irgendwann aber eher der Verzweiflung weicht. Eine muntere Szene, Busch zu sehen macht Spaß. Auch Hermann (Joachim Börker) und seine Frau Berta (Miriam Distelkamp) sind zu erleben. Berta wirkt vielleicht etwas jünger als in der Zeichentrickvorlage. Beim „Frühstücksei“ ist die Art und Weise des Aneinander-vorbei-Redens nach wie vor herrlich. Und so reiht sich ein Sketch-Klassiker an den nächsten. Eine enorme Eskalation gibt es beim „Kosakenzipfel“, vom Publikum mit viel Amüsement aufgenommen. Die Kleidung der Darsteller lehnt sich eng an die Vorlagen an. Zusammen mit den Dialogen und aufgegriffenen Haltungen wird nicht nur Loriots Welt, sondern auch eine andere Zeit auf die Bühne gebracht – ein plastischer Gesamteindruck, in den sich nach wie vor typisch Menschliches einfügt, etwa das zeitlose Einander-nicht-Verstehen von Mann und Frau oder die Eskalation wegen einer Banalität. Das Publikum reagiert mit Dauerschmunzeln, lauten Lachern, viel Applaus und stehenden Ovationen. Termine |