Der Deicher

Musical von Armin Tacke und Sebastian Venus

Regie: Armin Tacke
Musik: Sebastian Venus
Musikalische Leitung: Christel Spitzer
Choreographie: Ann-Kathrien Heger und Marie-Kristien Heger
Premiere: 13. 8. 05

Garlichs,
Deichinspektor - Arnold Preuß
Anna,
seine Tochter - Ann-Kathrien Heger/Ann-Kathrin Uden
Roland August von Anhalt-Zerbst - Nicolas C. Ducci/Uwe Jentsch
Tannen,
Regierungsrat - Horst Karstens
Bart Knippling,
Marketender - Volker Griem
Lene,
seine Frau - Lilo Barghorn/Inge Griem
Rieke,
ihre Tochter - Marie-Kristien Heger/Elke Theesfeld
von Warendorff,
Hofrat - Werner Villbrandt
Wolters,
Hofrat - Wilhelm Wilken
Pfarrer - Udo Kollstede

Reiner Osterholt,
Püttmeister Pflug 5 - Marc Gelhart
Kalle,
Püttmeister Pflug 1 - Klaus Dossmann
Alf,
Püttmeister Pflug 2 - Helmut Tusche
Benno,
Püttmeister Pflug 3 - Dirk Lammers
Karl,
Püttmeister Pflug 4 - Klaus Dzeyk
Bruno,
Püttmeister Pflug 6 - Jürgen Weber

Mathias Ploog,
Deicher aus Aurich - Rainer Behrends/Nicolas C. Ducci
Will,
Deicher - Wilhelm Wilken
Wolf,
Deicher - Reiner Böning/Wolfgang Grützmacher
Friedhelm,
Deicher - Friedhelm Becker
Onno,
Deicher - Reiner Böning/Erwin Heinemann
Erwin,
Deicher - Erwin Heidemann
Peter,
Deicher - Peter Egenhoff
Fredo,
Deicher - Julian Richter
Klaas,
Deicher - Benjamin Kleen
Tobi,
Deicher - Tobias Bode
Günther,
Deicher - Günther Diers
Max,
Deicher - Wilfried Lüers
Lutz,
Deicher - Lutz Bode
sowie: Jürgen Brandes, Lester Fastje, Horst Groen, Helfried Hinrichs, Remmer Janßen, Uwe Jentsch, Dietrich Kreh, Wolfgang Kuhlmann,
Peter Müller, Hans-Hermann Neemann, Siebo Polter, Dieter Reck,
Fritz Schimmelpenning, Reinhold Schwarzer, Wolfgang Stammer,
Gerrit Stegemann, Bert Stroje, Werner Villbrandt, Moritz Wilken
und Fiete - Friedrich Lohmeyer

Insa,
Reiners Frau - Andrea Lübbers
Nina,
Klaas Braut - Anna Hahn
Lotte,
Verwandte - Lilo Barghorn
Gesine,
Verwandte - Gisela Schley
sowie: Nicole Weiß, Gisela Diers, Marlies Neemann, Bettina Deters,
Astrid Schulze, Beate Ramm, Annika Sollermann, Christine Neubacher, Friederike Sellschopp

Prostituierte - Insa Fröhlich, Nantke Laabs, Claudia Schröder,
Tomke von Holt, Marie-Kristin Heger

Soldaten - Remmer Janßen, Julian Richter, Wolfgang Stammer,
Moritz Wilken, Udo Lauzat

Kutscher - Bernhard Eden

Zum Teil sind aufgrund der umfangreichen Gesangsparts Zweitbesetzungen für Notfälle vorgesehen; sie stehen hier in alphabetischer Reihenfolge.


Inhalt

Ein neuer Mann übernimmt die Leitung der Deicharbeiten - Regierungsrat Garlichs. Er erhöht die Pflugstärke von 6 auf 8 Mann und kann durch solche Maßnahmen zunächste einen Streik abwenden. Seine Tochter Anna verliebt sich in Matthias, einen Deicharbeiter.
Nach einer Feier verlangt der Marketender Wucherpreise. Die Stimmung im Lager schlägt um und es kommt zu Plünderungen. Hinter dem Rücken von Garlichs fordert der Neffe des Landherren Militär an. Kann Garlichs das Schlimmste abwenden?
Weitere Informationen findet ihr unter http://www.der-deicher.de
Hier könnt ihr schon einmal einen Blick auf das Bühnenbild nehmen, selbstverständlich nur ein Modell.

Bühnenbild des Musicals, dass im kommenden Sommer in Dangast Premiere feiert.

So in etwa wird es diesen Sommer am Dangaster Deich aussehen.

Arnold Preuß als Deichinspektor Garlichs

Hier das Aufmacherfoto zu "Der Deicher", für das "mein" Bühnenleiter Arnold Preuß bereits in sein Kostüm des Deichinspektor Garlichs geschlüpft ist und scheinbar gerade entdeckt hat, wo er nächsten Sommer spielen darf! ;o)


Marc Gelhart als Püttmeister Reiner Osterholt in dem Freilicht-Musical "Der Deicher", ab 13.8. in Dangast

Das erste Mal im Kostüm: Unsere fleißigen Schneiderinnen haben alle Hände voll zu tun, bei dem großen Ensemble. So in etwa werde ich als Püttmeister Reiner Osterholt aussehen.


Marc Gelhart als Püttmeister Reiner Osterholt mit den Prostituierten in "Der Deicher"

Und so sieht Reiner Osterholt mit Perücke für die Vorab-Probenfotos aus, hier mit den Prostituierten, mit denen er allerdings nichts zu tun hat...


Marc Gelhart als Püttmeister Reiner Osterholt mit Andrea Lübbers als seine Frau Insa

...weil er als einer der wenigen Deicher ein herzensguter Mann geblieben und seiner lieben Frau Insa treu ist.


Marc Gelhart als Püttmeister Reiner Osterholt und Nicolas C. Ducci als Roland von Anhalt-Zerbst

Trotzdem hat auch er seine Schwierigkeiten. Unermüdlich setzt er sich trotz meuternder Deicher für deren Rechte ein und ist somit auch Roland von Anhalt-Zerbst, dem Neffen des Landesherren ein Dorn im Auge...



















Kritiken

Jeversches Wochenblatt vom 15. August 2005

Freilichtschauspiel
geht unter die Haut


Gelungene Premiere von „Der Deicher" / Schauspieler vermitteln gekonnt die Dramatik der Zeit

Armin Tacke imponierte als Autor und Regisseur gleichermaßen.

VON DESIREE WARNTJEN

DANGAST - Bei der Premiere „Der Deicher" war nicht etwa das Wetter Verursacher einer Gänsehaut, sondern die brillante Inszenierung des Musicals von Sebastian Venus und Armin Tacke. Der Premierenabend am Sonnabend vor dem Dangaster Deich war bis in die Nacht angenehm mild, doch die Natur spielte mit bedecktem Himmel sympathtisch mit und spiegelte in dem Musical den grauen harten Alltag der Deicharbeiter wider. Bereits die Eingangsmusik von Sebastian Venus spricht von Dramatik: die Handlung beginnt mit dem Tod und endet mit ihm - zuerst ist die grassierende Malaria Schuld, am Schluss sind es die Soldaten.

Dazwischen liegt eine sich steigernde dramatische Entwicklung. Der Deicharbeiteraufstand von 1765 im Sophiengroden, in drei Szenen mit fiktiven Elementen angereichert, erzählt von Hoffnung und Liebe, von Menschlich- und Unmenschlichkeit, ist gespickt mit humorvollen Szenen und tragischen Wendungen. Armin Tacke bot als Autor mit seinem Text eine hervorragende Grundlage: spannungsreiche Dialoge, humorvolle Passagen, sprachliche Spitzfindigkeiten und changierende Charakterbilder verlangten den Schauspielern ein hohes Maß an darstellerischer Präzision und Konzentration ab.

Dass der Autor auch die Re­gie führte, kann als weiterer Pluspunkt gewertet werden: die szenischen Interpretationen und die Ausgestaltung begeisterten das Publikum immer wieder aufs Neue - es gab reichlich Applaus, und dies nicht nur nach den einzelnen Gesangsstücken, sondern auch auf offener Szene. Den sprachspielerischen Monolog Garlichs an Roland August von Anhalt-Zerbst über die „Stände" hätte man gerne noch mal schriftlich und Armin Tackes Formulierungsfreude outet sich in den abschließenden Worten Garlichs: „Herrgott, ist Sprache etwas Wundervolles!"

Man mag gerne darüber streiten, wer nun die eigentliche Hauptrolle spielte: Arnold Preuß, glänzend als Deichinspektor Garlichs, oder das Unikum Fiete, eine Paraderolle für Friedrich Lohmeyer, als verkrüppelter Deicher letztes Glied in der Hierarchiekette, der taktisch und mit einem ganz eigenen Demokratieverständnis agiert, immer noch ein letztes Wort behält und auf köstliche Weise seine philosophischen Erkenntnisse präsentiert, ohne sich zum Schnacker zu machen. „Herrgott ist Sprache etwas Wundervolles!"

Die charakterliche Ambivalenz des Deichinspektors offenbart sich nur langsam mit fortlaufender Handlung. Bei seinem Amtsantritt erlangt er das Vertrauen der von Krankheit, Hunger, Armut und harter Arbeit aufgewühlten Deichbauer. Sein großes Ziel ist aber letztlich nicht die Schaffung von menschenwürdigen Verhältnissen in dem ärmlichen Lager, sondern die rechtzeitige Fertigstellung des Deiches - er ist voll und ganz „der Deicher".

Hochgesteckte Ziele verfolgt auch Roland August zu Anhalt-Zerbst, Neffe des Landesherren, näselnd-arrogant dargestellt von Nicolas C. Ducci. Seine familiären Bande nutzt er zur Karriereplanung, gnadenlos und uneinsichtig. Garlichs erkennt sofort, wen er vor sich hat: „Einen Neffen, einen ehrgeizigen Neffen!"

Zuerst wiegen sich die Deicharbeiter noch in der Hoffnung, unter Garlichs werde alles besser werden. Sie lassen sich von seinem Enthusiasmus anstecken und sind sich einig, nicht nur für ihr Brot, sondern für die Entstehung des Deiches arbeiten zu wollen. Die Stimmung wird gelöster: die Deicharbeiter tanzen und singen, Höhepunkt der hoffnungsträchtigen Zeit bildet eine Hochzeit. Hier aber wendet sich das Blatt: die Marketenderfamilie reist nicht nur mit Waren an, sondern auch mit leichten Mädchen. Garlichs duldet stillschweigend die Prostitution im Lager, verdoppelt aber die Höhe der Konzession. Die Marketender führen dementsprechend erhöhte Preise ein und erregen damit den Unmut der Deicharbeiter.

Als wäre es nicht des Ärgers genug, tritt auch Roland wieder auf und teilt dem Deichinspektor mit, dass dessen Pläne zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von der Regierung abgelehnt wurden. Die Deichbauer sehen sich im Stich gelassen und reagieren mit Plünderungen aufden umliegenden Gehöften. Diese Entwicklung ist ganz im Sinne des „anhalt-zerbstischen Neffen". Er fordert Soldaten an, augenscheinlich, um den Plünderungen ein Ende zu setzen. Tatsächlich hofft er aber, dass die Arbeiter „Laway" ausrufen, um militärisch im Lager agieren zu können. Sein „großer Tag" ist das Eingreifen in den tatsächlich eintretenden Aufstand: Deicharbeiter werden erschossen, das Lager geht in Flammen auf.

Eingebettet in die Handlung ist die Liebesgeschichte von Garlichs Tochter Anna (Ann-Kathrin Uden) und dem Lager­spitzel Mathias Plog (Rainer Behrends), der den Streik ausrufen wird. Ann-Kathrin Uden setzt mit ihrer herrlichen Stimme einen feinen Akzent gegenüber dem rustikalen Gesang der Deicharbeiter und agiert mal schnippisch, mal schlagfertig.

Das Grundmotiv der „Deicher"-Musik deutet die latente Tragik an. Die Gesangspassagen bilden mit der Untermalung eine homogene Einheit und zeichnen sich zugleich durch ihre eigenständigen Melodien aus. „Wir wollen Deiche bauen" und „Klaas will heiraten" gehen rhythmisch sofort ins Blut, für die Romantik im „Deicher' steht der wunderschöne Titel „Wer wir sind und wo wir sind". Sebastian Venus ist es gelungen, seiner von modernen Elementen geprägten Musik Zeitlosigkeit zu verleihen und zweieinhalb Jahrhunderte zwischen Inhalt und Komposition kunstvoll zu überbrücken.

Die Tanzeinlagen der Deicher wirken ebenso beeindruckend wie die Massenszenen. Am Ende des zweiten Aktes kommt es zum ersten minutenlangen Lageraufstand, von dem sich Hollywood eine Scheibe abschneiden könnte. Hier zeigen die zahlreichen Laiendarsteller große Professionalität. Szenenapplaus gab es aber auch bei jedem Kutschenauftritt von Bernhard Eden, dessen schwarze Friesen wie Tänzer über das Wegerondell trabten. Bildreich endete die Aufführung mit Kanonendonner vom Deich und dramatischen Illuminationen.

Einen letzten, einzigartigen Anblick lieferten die 80 Darsteller. Dank des großen Bühnenfeldes konnten sie sich nebeneinander aufgereiht vor dem Publikum verneigen und genossen sichtlich den verdienten großen Beifall der 1550 Besucher.


Nord-West-Zeitung vom 15. August 2005

Vom Mut der Ohnmächtigen

„THEATER  Uraufführung des Freilicht-Musicals „Der Deicher“ begeistert in Dangast

1500 Zuschauer kamen zur Premiere. Armin Tacke und Sebastian Venus schufen das über dreistündige Sozialdrama.

von Reinhard Tschapke

DANGAST - Zur Armut gehört schlechtes Wetter. Also passt unser Sommer, der ein grün angestrichener Winter ist. Er passt zu dem jetzt aufwändig aufgeführten Drama: zur Revolte der friesischen Deicharbeiter von 1765, die in dreckigen Zelten vorm Deich hausen, zu diesen Ausgemergelten, die an Malaria oder Entkräftung wie die Fliegen krepieren.

„Hoher Besuch kommt, schnell die Leichen weg“, raunzt der fiese Regierungsrat am Anfang. Schon rollt auf der über 50 Meter langen Freilichtbühne, die sonst eine Wiese beim Dangaster Siel ist, eine hübsch hoheitliche Kutsche aus Jever an.

Die gestaltete Naturbühne ähnelt einem Westernlager mit zwei Hütten – einer vornehmen rechts, einer schäbigen links. Damit sind schon die Welten dieses Sozio-Musicals abgesteckt.

Da bleibt man als Zuschauer nicht kalt im Winterpullover, da bibbert man über drei Stunden mit: Wird der Aufstand der Geschundenen erfolgreich sein oder von Soldaten aus Jever und Oldenburg zusammengeschossen? Findet sich das Pärchen von Inspektors-Töchterchen (begabt: Ann-Kathrin Uden) und Deich-Desperado Mathias (cool: Rainer Behrends)? Kann der Beamte Garlichs (beeindruckend: Arnold Preuß) alles zum Guten wenden, wo bei ihm doch immer Schlechtes herauskommt? Wird der hundsgemeine Adlige (herrlich blasiert: Nicolas C. Ducci) gewinnen?

Der Mut zum regionalen Musical wurde unter einem regenfreien Friesenhimmel belohnt. Die Ernsthaftigkeit des hochdeutschen Stücks mit plattdeutschen Einsprengseln (Text und Regie: Armin Tacke, Musik: Sebastian Venus) lässt sich nicht leugnen. Doch es gibt keine dröge historische Nachhilfe. Munter mischt Friedrich Lohmeyer als Plattschnacker und philosophierender Deichnarr Fiete das Geschehen auf. Und die wahre Revolution entzündet sich nach einer Verdoppelung der Bierpreise. Da hört bekanntlich der Spaß auf. Auch die Liebe, immer feine Würze der Musicals, kommt nicht zu kurz. Keck näher sich Anna ihrem schwarz gewandeten Mathias. Der wirkt wie ein friesischer Che Guevara.

Das Stück zeigt nicht schlicht ein Oben oder Unten. Eher das gesellschaftliche Dazwischen: den Spitzel der Vorgesetzten, den egoistischen Chef, den sturen Beamten, den dumpfen Deicher, die gemeinen Plünderer.

Gesungen wird live mit Mikro. Die leicht metallische Instrumentalmusik kommt aus der Konserve. Sie ist so modern wie der geschilderte und bis heute aktuelle Sozialabbau, sie schmachtet sehnsüchtig mit Anna und Mathias beim Duett auf dem Deich, sie klimpert munter, wenn Damen des horizontalen Gewerbes auftauchen, die gewiss der Kälte wegen eher wie zum Wintertreffen des Damenkränzchens gekleidet sind. Die folklorefreie Musik grummelt parallel zum revolutionären Geschrei und erinnert da in ihren besten Momenten an Weill/Brecht und jene Geschichte, dass zuerst immer das Fressen, dann die Moral kommt.

Kurzum: Keine friesische Nationaloper mit strahlenden Helden, sondern ein dunkler Deichwestern bei Dangast. Gewiss, dies ist sichtlich eine Arbeit von vielen Laien. Aber die sorgen professionell für einen tollen Abend. Hingehen!


NORD-WEST-ZEITUNG vom 16. August 2005

Großer Widerhall
für packendes Drama


DEICHER–PREMIERE   NWZ -Umfrage zeigt: Das Freilicht-Musical rührt am Nerv der Zuschauer

VON PETER STANGE

DANGAST/VAREL/ZETEL/JEVER - Es ist ein umgemein packendes Historien-Drama um ein Deichbau-Projekt, einen Deicharbeiter-Aufstand und eine tragische Liebe im Jeverschen zur Zeit der anhalt-zerbstischen Regentschaft (1765), das Freilicht-Musical „Der Deicher“, das am vergangenen Sonnabend auf der großen Bühne westlich des Dangaster Sieltiefs Premiere hatte. Entsprechend beeindruckt zeigten sich Repräsentanten des öffentlichen Lebens, die dieser mit Spannung erwarteten Erstaufführung durch das Amateur-Ensembe mit rund 80 Schauspielern (Regie: Armin Tacke; Musik: Sebastian Venus; Bühnenleitung: Gudrun Oeltjen-Hinrichs) beiwohnten.

„Eine tolle Leistung des Ensembles, ein ganz besonderes Kompliment der Regie und dem Komponisten“, sagte Karin Evers-Meyer (Zetel), Präsidentin des Bundes Niederdeutscher Bühnen Bremen-Niedersachsen, im Gespräch mit der NWZ . Es sei eine in sich geschlossene, gerade die regionaltypischen Besonderheiten – „die niederdeutsche Sprache wird sehr effektvoll eingesetzt“ – zur Geltung bringende Inszenierung. Der „einzigartige“ Schauplatz in der weiten Marsch bei Dangast mit ihrem hohen See-Himmel bewirke ein Übriges. Landschaft und Spiel bildeten eine „wunderbare Symbiose“.

Ähnlich sieht es der Erste Kreisrat des Landkreises Friesland, Peter Wehnemann. Nicht zuletzt „Das Milieu und der Lebensstil von damals“ würden bei dieser dramatischen Zeitreise anschaulich. Wehnemann ebenso wie Evers-Meyer hoben den besonderen thematischen Zusammenhang der begleitenden Aussstellung des III. Oldenburgischen Deichbandes – des jeverschen – zum Deichbau damals und heute hervor. Die Ausstellung „passt wunderbar“, so Wehnemann. Sie zeige die historische Mühsal des Deichbaus, aber auch, dass Deichbau und Küstenschutz heute eine überlebensnotwendige große Aufgabe geblieben seien, der Kampf gegen die See niemals zu beenden sein werde. Als Information über die Region und als Einblick in ihre Mentalität seien die Aufführung wie die Austellung auch für Touristen von größtem Wert.

Der Vorsteher des III. Oldenburgischen Deichbandes Früsmer Ortgies (Hohenkirchen), sagte: „Ich lebe und arbeite mit dem Deich; aber seit der Premiere ist mir anschaulich, unter welcher ungeheuren Mühsal unsere Vorfahren“ um die Erhaltung des Landes gegen die Gewalten der See hätten kämpfen müssen. Das Stück stelle eine absolut beeindruckende Leistung dar, bei größtem Engagement der Amateur-Darsteller.

Außerordentlich beeindruckt zeigte sich auch die Kreistagsabgeordnete Anke Budde (Varel). Die künstlerisch hochwertige Inszenierung sei geeignet, ein tieferes Verständnis der Region und ihrer Mentalität zu ermöglichen, ein Stück historischer Gewordenheit der friesischen Identät zu erhellen.

„Eine gute und einfühlsame Inszenierung“ – so lautet das Urteil von Ina-Maria Abken-Ziegler, 2. Vorsitzende des Kurvereins Dangast. Alles harmoniere sehr gut. Es handele sich um eine sehr gelungene Dramatisierung eines für die Küste existenziellen Themas. Gerade deshalb sei das Stück auch für Gäste aus dem Binnenland hoch interessant.

Die Zeit ist fern – die Themen sind es jedoch keineswegs

Die Zeit, von der das Stück erzählt, ist fern. Doch sie ist nur die Folie, auf der sich Themen entfalten, die keineswegs fern liegen, sei es die Liebe zwischen ungleichen Partnern, die Bedrohung durch Naturgewalten, das Ringen um humane Existenzbedingungen. Das macht einen Teil der Wirkung aus. Hinzu kommt das Regionalspezifische, der jeverländisch-friesische Schauplatz. „Ich empfehle jedem, sich das Stück anzusehen“, sagte Früsmer Ortgies der NWZ . Dazu besteht Gelegenheit. Weitere Aufführungen sind am 19. und 20., am 23. und 24., am 26. und 27. August sowie am 30. und 31. August. Im September wird am 2. und am 3., am 7. sowie am 9. und 10. des Monats gespielt. Für eine Führung durch die Deichbau-Ausstellung kann man sich unter Tel. 04461/92 09 10 anmelden.


Wilhelmshavener Zeitung vom 16. August 2005

Kulturgeschichte pur vor dem Deich

„KULTUR Freilichttheater-Musical „Der Deicher" von Gaudium Frisia in Dangast ein voller Erfolg

1550 Zuschauer verfolgten die Premiere des Stückes. 90 Schauspieler sorgten für dramatische Spannung.

VON SUSANNA JUNGMANN

DANGAST - Dramatische Spannung bis zum letzten Augenblick genossen am Wochenende 1550 Zuschauer bei der ausverkauften Premiere des Freilichtspiels „Der Deicher" in Dangast. Mit lang anhaltendem Beifall bedankte sich das in geliehenen und mitgebrachten Decken gehüllte Publikum bei den 90 Schauspielern, bei Komponist Sebastian Venus sowie Regisseur und Autor Armin Tacke für ihre großartige Leistung.

Einprägsam bringt die Inszenierung der Friesländischen Bühne in Zusammenhang mit dem Trägerverein dem Zuschauer wichtige regionale Geschichte nah. Bühnenbildner Holger Heinicke gestaltete vor Deich und unter friesischem Himmel eine Kulisse, die das Verständnis für die Handlung noch unterstützte. Ausgefeilte Tontechnik machte das Musicaltheater zum Hörgenuss.

Das Spiel versetzt die Gäste in das 18. Jahrhundert und wurde speziell für die Inszenierung in Dangast geschrieben. Historische Vorlage ist der Deicharbeiterstreik (Laway) von 1765 in Sophiengroden. Ein neuer Mann übernimmt die Leitung der Deicharbeiten - Regierungsrat Garlichs (Arnold Preuß). Erstellt Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen der Deicher in Aussicht und kann dadurch zunächst einen Streik abwenden.

Seine Tochter Anna (Ann-Kathrien Heger/Ann-Kathrin Uden) verliebt sich in Matthias Ploog (Rainer Behrends/Nicolas C. Ducci), einen Deicharbeiter, der ihre Liebe jedoch nicht erwidert und sich Rieke (Marie-Kristien Heger/Elke Theesfeld), der Tochter des Marketenders Bart Knippling (Volker Griem/ Wolfgang Grützmacher) zuwendet.

Bei einer Hochzeitsfeier verlangen die Marketender Wucherpreise. Die Stimmung im Lager schlägt um, es kommt zu Totschlag, Vergewaltigung und Plünderungen. Alle errungenen Erleichterungen werden zunichte gemacht, erst recht, als hinter dem Rücken des Landesherrn dessen Neffe, Roland August zu Anhalt-Zerbst (Nicolas C. Ducci/Uwe Jentsch), Militär anfordert.

Für das Stück wählte der Autor heutigen Sprachgebrauch, Deichbauern, unter ihnen die herausragend gespielte Rolle des Fiete (Friedrich Lohmeyer) sprechen Plattdeutsch. Lange Bühnenpräsenzen und Textpassagen meisterten die Protagonisten mit Bravour, machen aber während der Spielzeit eine Doppelbesetzung in einigen Hauptrollen erforderlich.

Besonders Garlichs hervorragend dargebrachte Wortspiele über die „Stände", außerdem Fietes (Friedrich Lohmeyer) Lebensweisheiten - sie sind teilweise auf Hochdeutsch im Programmheft nachzulesen - riefen berechtigten begeisterten Applaus auf offener Szene hervor. Nicolas C. Ducci „lebte" scheinbar intuitiv seine Rolle als Edelmann und verlieh so seinen Texten mit einprägsamer Körpersprache zusätzliches Gewicht.

Gewollt „schräge" Gesangsstücke der Akteure und Deicher als Chor machten die Inszenierung zum hörenswerten Musical. Oftmals wiederholten sie musikalisch die soeben abgelaufene Handlung, was das Stück insgesamt zeitlich verlängert.

Zum Gelingen trugen unzählige Spezialisten bei, darunter Schneiderin Irmgard May und Organistin Christel Spitzer mit der musikalischen Einstudierung. Mit dem pyrotechnischen Effekt am Deich zum Schluss der Vorstellung gab Regisseur Armin Tacke der Inszenierung einen überraschend einfachen aussagekräftigen, aber tragischen Schluss.


FRIESLÄNDER BOTE vom 20. August 2005

1500 Zuschauer begeistert

Hatte der Sommer den Menschen im FRIEBO-Land bis zum vergangenen Wochenende noch kaum einen Höhepunkt beschert, so tat es stellvertretend die Premiere der Freilichtaufführung „Der Deicher” am 13. August in Dangast – ohne dass auch nur ein Tropfen Regen die Szenerie benetzte.

Das von Regisseur Armin Tacke und Komponist Sebastian Venus als Musical gestaltete Drama, dem der große Aufstand der Deicher auf dem Sophiengroden als historische Vorlage dient, beschert den rund 1.500 Zuschauern eine fesselnde Mischung aus Dokumentation und Dichtung, aus feinsinnigen Wortspielen mit satirisch-humoreskem Einschlag, mit groben Tönen und nicht zuletzt mit den finstersten Abgründen menschlichen Verhaltens. Hoch- und Plattdeutsch sind klug koordiniert, so dass das Stück auch Nicht-Friesen bis ins Detail verständlich bleibt.

So karg und düster wie man sich das Leben der Deicharbeiter vor 240 Jahren vorstellen muss, präsentiert sich auch die Kulisse mit schmuddeligen Zelten und zwei Holzhütten – hier waren Unterdrückung, Hunger, Krankheit und Tod stete Begleiter der einfachen Bevölkerung, wie gleich in der ersten Szene schonungslos zu erleben. Geradlinig und spannend, aber nicht ohne teils munteres Randgeschehen – eine tragische Liebesgeschichte darf da auch nicht fehlen – arbeitet sich das Stück zum Höhepunkt, dem Aufstand (Laway) der Deicharbeiter vor.

Das Ende kommt infernalisch, etwas plötzlich und außerdem kein bisschen happy, aber das erwartet wohl auch niemand.

Über 70 Akteure bestimmen die lebhafte Szenerie, und das herrschaftliche Kutschengespann mit den beiden stattlichen Friesen entzückt das Publikum bei jedem Auftritt.

Die Deicher, mal devot, mal klagend, mal rebellisch, beeindrucken ebenso wie die kecken Prostituierten und die Hauptakteure. Arnold Preuß brilliert als Deichinspektor Garlichs, dessen Motivation zunächst ehrenhaft, aber dann doch ziemlich zweifelhaft erscheint; Ann-Kathrin Uden als seine sympahtische, kluge und schlagfertige Tochter zeigt gleichermaßen schauspielerisches und musikalisches Talent.

Klar, dass es zwischen ihr und dem Anführer des Aufstandes, Deicher Mathias (professionell von Reiner Behrends gespielt) tüchtig funkt. Der zeigt sich eigenwillig, respektlos sowie geheimnisumwittert und hat seine eigene Auffassung von Gerechtigkeit. Eine sehr wichtige Rolle im Zusammenhang mit dem endgültigen Ausbruch der Revolution spielen übrigens auch Marketender Knippling (Volker Griem) und seine Frau Lene (Inge Griem) – ein markantes Paar. Nicolas C. Ducci als der fiese Adelige Roland August zu Anhalt-Zerbst aus Jever wirkt in seiner Blasiertheit äußerst amüsant, und Friedrich Lohmeyer als philosophierender Deichnarr Fiete avanciert zum Publikumsliebling.

Die instrumentale Untermalung des Live-Gesangs kommt vom Band und etwas blechern daher, und insgesamt hätte dem musikalischen Part entsprechend der Thematik etwas mehr Schlichtheit gut zu Gesicht gestanden – zumal die gesangliche Begabung der Schauspieler teils etwas zu wünschen übrig lässt – da konnte auch Christel Spitzer, die die musikalische Einstudierung übernommen hat, nichts richten. Der Komponist kommt aus der Jazz-Ecke und hat die Möglichkeiten des Laien-Ensembles vielleicht etwas überschätzt.

Das alles tut der Gesamtwirkung der dreistündigen Aufführung aber absolut keinen Abbruch – einmal mehr haben hier einige Profis mit vielen Laien in unzähligen ehrenamtlich geleisteten Stunden eine kulturelle Meisterleistung vollbracht, auf die die Region stolz sein kann: Da soll noch mal einer behaupten, die Friesen könnten nur schlichtes Bauerntheater machen – ein Besuch empfiehlt sich also unbedingt!

>> Karten und Termine unter http://www.der-deicher.de


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